Mischoxidbrennstoff aus Frankreich in Japan eingetroffen

Zwei Spezialschiffe, die am 5. Juli 2017 den Hafen des nordfranzösischen Cherbourg verlassen hatten, sind nach einer rund zweieinhalbmonatigen Schiffsreise auf den Weltmeeren am 21. September 2017 gegen 7 Uhr morgens im Hafen der Kleinstadt Takahama (Takahama-chō) in der Präfektur Fukui mit einer Fracht Uran-Plutonium-Mischoxidbrennstoff (MOX) [jp. purutoniumu-uran kongō sankabutsu nenryō (mokkusu nenryō) プルトニウム・ウラン混合酸化物(MOX燃料)] angekommen. Er ist für den Druckwasserreaktor 4 (870 MWe = Megawatt elektrisch) des Takahama-Kernkraftwerkes von Kansai Electric Power Co., Inc. [KEPCO, jp. Kansai Denryoku KK 関西電力株式会社, kurz Kanden 関電] bestimmt.

KEPCO hatte im Jahr 2008 einen Liefervertrag mit dem japanischen Kernbrennstoffhersteller Nuclear Fuel Industries, Ltd. [NFI, jp. Genshi Nenryō Kōgyō KK 原子燃料工業株式会社, kurz Gennenkō 原燃工] mit Sitz in Tokyo abgeschlossen, der das französische Kerntechnikunternehmen Areva NP [Areva Nuclear Power, bis März 2006 Framatome] mit der Herstellung von 16 Mischoxid-Brennelementen zwischen August 2016 und März 2017 beauftragt hat.

Der Transport der MOX-Brennelemente per Schiff war der zweite seit der Dreifachkatastrophe vom 11. März 2011 (Erdbeben, Riesenflutwelle, Kernschmelzen) und der sechste seit 1999. Im Juni 2013 war schon einmal Mischoxidbrennstoff für den Druckwasserreaktor 3 (870 MWe) des gleichen Kernkraftwerkes verschifft worden. Die zwei jeweils 108 Tonnen schweren und 6,2 Meter langen Container wurden mit einem Kran an Land gebracht und mit einem Spezialanhänger zu einem Zwischenlager transportiert.

Sie werden in einem Brennelementlagerbecken gelagert und von der japanischen Atomaufsichtsbehörde NRA [engl. Nuclear Regulation Authority, jp. Genshiryoku Kisei Iinkai 原子力規制委員会] untersucht; in der Vergangenheit war es zu Unregelmäßigkeiten im Rahmen des Qualitätsmanagements für Brennstoffpellets durch französische und britische Lieferanten gekommen. Außer den Kernreaktoren Takahama 3 und 4 benutzen auch die Kernreaktoren Ikata 3 auf Shikoku und Genkai 3 auf Kyushu gleichartige MOX-Brennelemente. Der letztgenannte Kernreaktor soll die Stromproduktion plangemäß im Januar 2018 wieder aufnehmen.

Die japanische Regierung plant, mittelfristig die Herstellung von MOX-Brennelementen im eigenen Land durchführen zu lassen. Die Argumente für und gegen MOX-Brennelemente hinsichtlich der (Non-) Proliferation von waffenfähigen Stoffen erinnern bisweilen an politische Glaubensfragen und Wunschdenken. Die Sicherheitsanforderungen für Wiederaufarbeitung und die Herstellung von Brennelementen aus Urandioxid und Plutoniumdioxid sind sehr hoch. Es gibt mit MOX-Brennelementen eine Reihe von Problemen, so zum Beispiel die schwer vermeidbare Emission von gasförmigen Spaltprodukten wie Xenon und Krypton sowie Alphateilchen (Heliumkerne), die über die Atmung ins Blut gelangen können und negative Folgen für die Gesundheit unter anderem des Bedienungspersonals haben. Wird Plutoniumstaub eingeatmet, lagert er sich in menschlichen Organen und Knochen ab und führt bei geringsten Dosen zu Lungenkrebs, Knochenkrebs und Leukämie. Auch reduzieren MOX-Brennelemente aus physikalischen Gründen – erhöhter Innendruck durch höhere Spaltgasfreisetzung – die Wirksamkeit der Steuerstäbe und werden deshalb auch von Teilen der Atomindustrie als nicht unproblematisch angesehen.

Eiswand am F1-KKW offiziell betriebsbereit

Arbeiter auf dem Gelände des Fukushima-Daiichi-Kernkraftwerkes (F1-KKW) von TEPCO [Tokyo Electric Power Company Holdings, Inc.] haben am 22. August 2017 von 9 bis 9:30 Uhr die Ventile der Gefrierrohre auf dem bergseitig-westlich gelegenen, sieben Meter langen letzten Abschnitt der idealiter in naher Zukunft wasserundurchlässigen „Eiswand“ [engl. frozen-soil shielding wall oder auch frozen soil wall, jp. tōdo shasuiheki 凍土遮水壁, kurz tōdoheki 凍土壁] um die Reaktorgebäude und die Maschinenhäuser der F1-KKW-Reaktoren Nr. 1 bis 4 geöffnet. Die Eiswand ist somit vollumfänglich betriebsbereit und in Betrieb genommen. Wie lange es dauern wird, bis auf den letzten sieben Metern Gefrierkörper um die Gefrierrohre entstehen und sich zu größeren Frostkörpern im Boden zusammenfügen, hängt von der Fließgeschwindigkeit des Grundwassers ab, die hier relativ groß ist. Man rechnet mit etwa zwei bis drei Monaten. Die Ortsdosisleistung der Arbeiter während ihres Einsatzes soll laut TEPCO 100 Mikrosievert pro Stunde betragen haben.

Die Eiswand ist etwa 1,5 Kilometer lang, 5 bis 6 Meter dick und 30 Meter tief. Die Eiswand durchziehen 1.568 Gefrierrohre mit einem Durchmesser von jeweils etwa 10 Zentimetern. Als Kühlflüssigkeit beziehungsweise Kälteträger dient nicht Flüssigstickstoff, sondern eine wässrige Lösung von Kalziumchlorid. Jede der installierten 30 Kältemaschinen soll 70 Tonnen für 24 Stunden auf minus 30 Grad Celsius gefrieren lassen können. In 85 Zentimeter Entfernung von den Gefrierrohren verteilen sich 360 Glasfaserthermometer, um die Bodentemperatur im Vollbetrieb ständig überprüfen zu können. Darüber hinaus dienen 82 Brunnen zur ständigen Beobachtung des Grundwasserspiegels.

Zweck der in diesem Maßstab weltweit erstmals verwirklichten Bodenvereisung ist ein Schutzwall gegen eindringendes Grundwasser seit der Dreifachkatastrophe vom 11. März 2011 (Erdbeben, Riesenflutwelle, Kernschmelzen in den Reaktoren Nr. 1 bis 3). Lange Zeit strömten täglich rund 300 bis 400 Tonnen [Kubikmeter] Grundwasser in die zerstörten Kernreaktorgebäude des F1-KKW hinein und zum Teil auch wieder heraus. Dabei wurde es unvermeidlicherweise radioaktiv kontaminiert. Der ingenieurwissenschaftlichen Theorie nach soll die wasserundurchlässige Eiswand die Wasserkontaminations- und Stilllegungsprobleme des Betreibers TEPCO wenn nicht lösen, so doch erheblich reduzieren.

Hauptvertragsnehmer für die Eiswand ist seit Ende 2013 die weltweit tätige Baufirma Kajima AG [Kajima Corporation, jp. Kajima Kensetsu KK 鹿島建設株式会社]. Über die Technologie zur Bodenvereisung verfügt in Japan neben Kajima nur noch das mittelgroße Unternehmen Chemical Grouting Co., Ltd. [jp. Kemikaru Gurauto KK]. Die Eiswand wurde nicht auf einmal abrupt als Ganzes in Betrieb genommen, sondern nach Abschnitten stufenweise, um die Auswirkungen und den Wirkungsgrad messen und erforderlichenfalls leichter gegensteuern zu können; wenn der Grundwasserspiegel als Folge des Eiswandbetriebes sinken sollte, könnte der Wasserspiegel in den Reaktorgebäuden steigen und das kontaminierte Wasser austreten, so eine Befürchtung der beteiligten Ingenieure und Wissenschaftler. Zu so einem Austritt kam es tatsächlich am 2. August bei einem Brunnen in der Nähe des Reaktors Nr. 4, das Ganze blieb jedoch örtlich begrenzt. Die erste Kältemaschine hatte am 31. März 2016 den Betrieb aufgenommen.

Die Kosten für die Eiswand hat nicht TEPCO beglichen, sondern die Regierung mit bislang etwa 34,5 Milliarden Yen (etwa 260 bis 300 Millionen Euro) Steuergeldern finanziert. Für den laufenden Betrieb sind aktuell eine Milliarde Yen (rd. 8 Millionen Euro) pro Jahr veranschlagt. TEPCO-Geschäftsführer Naohiro Masuda – bis 2011 Leiter des Fukushima Daini-Kernkraftwerkes (F2-KKW), seit April 2014 in Personalunion Präsident des Unternehmens zur Dekontamination und Stilllegung des F1-KKW [engl. Fukushima Daiichi Decontamination and Decommissioning Engineering Company, jp. Fukushima Daiichi Hairo Suishin Kanpanī 福島第一廃炉推進カンパニー] – gab sich vor dem 22. August vorsichtig optimistisch, aber schon vor der Inbetriebnahme gab es erhebliche Zweifel am Wirkungsgrad der Eiswand, nicht zuletzt auch von Seiten der japanischen Atomaufsichtsbehörde sowie verschiedener beteiligter Ministerien.

Masato Kino, der zuständige Beamte für Reaktorstilllegung und Maßnahmen gegen kontaminiertes Wasser im Amt für Bodenschätze und Energie (ANRE) [Agency for Natural Resources and Energy, jp. Shigen Enerugī Chō 資源エネルギー庁] unter der Ägide des Wirtschaftsministeriums sagte in diesem Zusammenhang, dass die Eiswand eine von mehreren Maßnahmen zur Verringerung der Wasserkontamination auf dem Gelände des F1-KKW sei. Hiermit dürften unter anderem das Umleiten von Grundwasser, die Grundwasser-Drainagebrunnen, das Abpumpen und das technisch machbare Dekontaminieren gemeint sein. Mit der Schließung des letzten Abschnitts der Eiswand versprechen sich TEPCO und das Wirtschaftsministerium eine Verringerung der Einströmungsmenge von Grundwasser auf unter 100 Tonnen pro Tag. Von einer bergseitigen „wasserundurchlässigen Eiswand“ im strengen wörtlichen Sinne kann also noch keine Rede sein, schon gar nicht monokausal.

TEPCO-Vorstand Takashi Kawamura sagte Mitte Juli 2017 vor Medienvertretern unter dem Druck von bereits dicht an dicht in Metalltanks auf dem Gelände des F1-KKW stehenden 800.000 Tonnen Wasser in einem in Japan vielbeachteten Interview, dass die Entscheidung, das zu etwa drei Vierteln um 62 Radionuklide – darunter Cäsium und Strontium – dekontaminierte Wasser [mit bislang unfilterbarem Tritium (Halbwertszeit 12,32 Jahre)] ins Meer abzulassen, „bereits gefallen“ sei, was zu einem Sturm der Entrüstung nicht nur bei lokalen Fischereigenossenschaften geführt hat.

IHI und NEDO kündigen Fertigstellung einer Demonstrationsanlage für ein Meeresströmungskraftwerk in Südwestjapan an

Die staatliche Entwicklungsorganisation für Neue Energien und Industrietechnik (New Energy and Industrial Technology Development Organization, NEDO) fördert unter der Ägide des japanischen Wirtschaftsministeriums seit 2011 verstärkt die Erforschung zur Nutzung potentieller Energiequellen des Meeres. Als vorläufiges Resultat eines mehrjährigen Demonstrationsforschungsprojektes soll Ende August 2017 in der Nähe der südwestjapanischen Insel Kuchinoshima (Präfektur Kagoshima) ein etwa 100 Meter unter der Wasseroberfläche schwebendes Meeresströmungsturbinensystem [underwater floating type ocean current turbine system, jp. suichū fuyūshiki kairyū hatsuden shisutemu hyaku kirowattokyū jisshōki ‚kairyū‘ 水中浮遊式海流発電システムの100kW級実証機「かいりゅう」] mit einer Leistung von 100 Kilowatt den Probebetrieb aufnehmen. Das Meer bei Kuchinoshima wurde ausgewählt, weil die Fließgeschwindigkeit und -richtung des Kuroshio-Stroms südlich von Kyushu um die Tokara-Inseln verhältnismäßig stabil sind und die Strömungsfluktuation gering ist.

Hauptvertragsnehmer des japanischen Forschungs- und Entwicklungskonsortiums und zugleich Entwickler der Turbine und der schwimmenden Struktur ist der Schwermaschinenbauer IHI Corporation. Untervertragsnehmer und Lieferant des Generators und des Transformators ist die Toshiba Corporation. Weitere Beteiligte sind die Graduiertenschule für Pionierwissenschaften der Universität Tokyo [Graduate School of Frontier Sciences of the University of Tokyo, jp. Tōkyō Daigaku Daigakuin Shinryōiki Sōsei Kagaku Kenkyūka] und das Mitsui Global Strategic Studies Institute [MGSSI, jp. Mitsui Bussan Senryaku Kenkyūjo].

Es geht bei diesem Forschungsprojekt nicht nur darum, die technische Machbarkeit und die Leistungsfähigkeit eines neuen Meeresströmungskraftwerkes nachzuweisen und Betriebserfahrungen zu sammeln, sondern auch um den Nachweis der Wirtschaftlichkeit. Die Elektrizitätskostenvorgabe der NEDO war bei der Ausschreibung ein Gestehungspreis von 20 Yen je Kilowattstunde. Das Meeresströmungsturbinensystem besteht im Kern aus zwei gegenläufigen Unterwasserturbinen, soll an Metallseilen im Meeresboden verankert sein und könnte auch in Tiefenwasser zur Stromerzeugung genutzt werden. Es ist zur Errichtung großflächiger Unterwasser-Energieparks geeignet. Als nachhaltige, umweltfreundliche und erneuerbare Energiequelle könnten Unterwasser-Lenkdrachen, die kinetische Energie der Meeresströmung in elektrische Energie umwandeln, helfen, die zahlreichen dünn besiedelten, kleineren Inseln des japanischen Archipels mit Strom zu versorgen und den Import fossiler Brennstoffe und die Emission von Kohlendioxid zu senken.

Die Meeresströmungsturbinenanlage ist relativ kompakt und besitzt eine Länge von etwa 20 m und eine Breite von ebenfalls 20 m. Der Durchmesser der Turbinenschaufeln beträgt rund 11 m. Die Gesamtkosten für die Demonstrationsanlage belaufen sich auf rund 4 Milliarden Yen. Man geht von einem Kapazitätsfaktor von 60–70 Prozent aus. Auf der Grundlage der Betriebserfahrungen und weiterer Forschungsanstrengungen soll in den 2020er Jahren ein Meeresströmungskraftwerk mit einer Leistung von 2000 Kilowatt und Turbinenschaufeln mit einem Durchmesser von 40 m gebaut werden.

Quellen: Nikkan Kogyo Shimbun 日刊工業新聞, 10. Juli 2017. Pressemitteilungen von New Energy and Industrial Technology Development Organization [NEDO, Shin Enerugī Sangyō Gijutsu Sōgō Kaihatsu Kikō 新エネルギー・産業技術総合開発機構] und IHI Corporation [Ishikawajima Heavy Industries, 株式会社IHI; bis Mitte 2007 bekannt als Ishikawajima-Harima Heavy Industries Co., Ltd., jp. Ishikawajima Harima Jūkōgyō Kabushiki Kaisha 石川島播磨重工業株式会社].

10 Gramm versus 47 Tonnen Plutonium

Die USA und Japan schlossen 13 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs im Jahr 1958 erstmals ein Kooperationsabkommen auf dem Gebiet der Kernenergie, worin sich der Abnehmer verpflichtete, die gekauften Stoffe – ein großer Fortschritt für Japan, denn davor wurden Radionuklide auf der Grundlage eines sogenannten „Standardabkommens“ nur „gepachtet“ – ausschließlich für zivile Forschungszwecke zu benutzen. Außerdem durften die Stoffmengen des Nuklearabkommens je Transfer „100 g Uran 235, 10 g Plutonium und 10 g Uran 233“ (§ 5) nicht übersteigen. Der Kontrast könnte fast 60 Jahre später kaum größer sein. Wie sehr sich Japan als Musterschüler und eines der 70 Gründungsmitglieder der Internationalen Atomenergieorganisation (International Atomic Energy Agency, IAEA) vom amerikanischen Kontrollregime emanzipiert hat – dass der IAEA-Generaldirektor seit 2009 ein japanischer Diplomat und Abrüstungsexperte namens Yukiya Amano ist, ist Zufall –, wird unter anderem dadurch ersichtlich, dass Japan heute Eigentümer von rund 47 Tonnen Plutonium ist. Davon bevorratet Nippon rund 10 Tonnen auf seinem eigenen Hoheitsgebiet und rund 37 Tonnen in Frankreich und im Vereinigten Königreich.

Seit dem 5. Juli 2017 sind bis voraussichtlich September zwei Spezialschiffe unterwegs auf dem Weg aus dem nordfranzösischen Hafen Cherbourg in die japanische Präfektur Fukui, wo der Druckwasserreaktor Takahama 4 mit Uran-Plutonium-Mischoxidbrennstoff (MOX) beladen werden soll. Nukleare Optimisten sagen, dass überschüssiges waffenfähiges Plutonium, das sonst Nuklearmüll wäre und gestohlen werden könnte, auf diese Weise zur Stromerzeugung genutzt werden könne. Nukleare Pessimisten halten dagegen und befürchten, dass genau das Gegenteil eintreten würde, nämlich dass sich das Risiko nuklearer Proliferation gerade durch die globale kommerzielle Nutzung von Mischoxidbrennstoff und die Ausweitung der Wiederaufarbeitung eher erhöhen könne. Außerdem reagiere eine Mischung aus 7% Plutonium und 93% Uran zwar ähnlich, aber nicht identisch wie niedrigangereicherter Uranbrennstoff. Das Plutonium-Uran-Gemisch sei energiereicher als normaler Kernbrennstoff, setze bei einem Unfall aber auch mehr radioaktive Stoffe frei und verlange wegen der großen Hitzeentfaltung mehr Kühlwasser.

Die beiden MOX-Transporter auf den bewaffneten Spezialschiffen Pacific Heron und Pacific Egret von Pacific Nuclear Transport Ltd. (PNTL), ein Tochterunternehmen des britischen Unternehmens International Nuclear Services (INS), enthalten unter anderem etwa 736 Kilogramm Plutonium aus der Wiederaufarbeitungsanlage La Hague. Nukleare Pessimisten gehen davon aus, dass 5 Kilogramm Plutonium für eine Atombombe hinreichend wäre, rein rechnerisch wären das 147,2 Atombomben. Von den aktuell in Betrieb befindlichen fünf Kernreaktoren können drei Mischoxidbrennstoff nutzen. Sollte die Wiederaufarbeitungsanlage in Rokkashomura im Norden der Hauptinsel Honshū nach langjährigen Verzögerungen im Jahr 2018 in Betrieb gehen, wären davon potentiell bis zu 18 japanische Kernreaktoren betroffen.

Der aktuelle Transport von Mischoxidbrennelementen von Europa nach Japan ist der sechste seit 1999 und der zweite seit der Dreifachkatastrophe vom 11. März 2011 (Erdbeben, Riesenflutwelle, Kernschmelzen). Nukleare Optimisten sagen: „Die beiden Spezialschiffe sind bewaffnet und ihre Rumpfkonfiguration besitzt eine Doppelhülle.“ Nukleare Pessimisten in Japan sagen: „Was bereits zweimal passiert ist, wird auch ein drittes Mal passieren.“ [Nido aru koto wa sando aru  「二度あることは三度ある」 ].

Mit Druckwasserreaktor Takahama 3 wieder fünf Kernreaktoren im kommerziellen Betrieb in Japan

Am 4. Juli 2017 nahm der Kernreaktor Takahama 3 (870 MWe = Megawatt elektrisch, erste Inbetriebnahme Januar 1985) von Kansai Electric Power Co., Inc. (Kansai Denryoku) den kommerziellen Betrieb wieder auf. Dieser Druckwasserreaktor (DWR) war am 6. Mai wieder angelaufen, wurde am darauffolgenden Tag kritisch und nahm die Stromerzeugung am 9. Juni wieder auf. Der Kernreaktor Takahama 4 (870 MWe, Inbetriebnahme Juni 1985), der wie die Reaktoreinheit 3 seit März 2016 durch eine gerichtliche einstweilige Verfügung im Offline-Modus gehalten worden war, wurde am 17. Mai neu angefahren, begann mit der Stromnetzeinspeisung am 22. Mai und nahm am 16. Juni den kommerziellen Stromerzeugungsbetrieb vollumfänglich wieder auf. Zusammen mit den DWR Sendai 1 und 2 (jeweils 890 MWe) von Kyushu Electric Power Co., Inc. (Kyūshū Denryoku) und Ikata 3 (890 MWe) von Shikoku Electric Power Co., Inc. (Shikoku Denryoku) sind das insgesamt fünf Druckwasserreaktoren, die den Stromerzeugungsbetrieb nach der Dreifachkatastrophe vom 11. März 2011 (Erdbeben, Riesenflutwelle, Kernschmelzen) wieder aufgenommen haben. Die von niederen Gerichten erlassenen einstweiligen Verfügungen gegen die Wiederinbetriebnahme von Kernreaktoren wurden von der höheren Gerichtsbarkeit in Japan wieder einkassiert.

Notwendig falsches Bewußtsein

「人間の意識がその存在を規定するのではなくて、逆に、人間の社会的存在がその意識を規定するのである。」
Ningen no ishiki ga sono sonzai o kitei suru no de wa nakute, gyaku ni, ningen no shakaiteki sonzai ga sono ishiki o kitei suru no de aru.
“It is not the consciousness of men that determines their being, but, on the contrary, their social being that determines their consciousness.”
„Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt.“

Quelle: Karl Marx (1818–1883) im Vorwort von „Zur Kritik der Politischen Ökonomie“ (1859) [A Contribution to the Critique of Political Economy]. In: Marx-Engels-Werke, Bd. 13, S. 9.

Japanische Atomaufsichtsbehörde genehmigt Stilllegungsplan für Ikata 1

Die japanische Atomaufsichtsbehörde NRA (Nuclear Regulation Authority, jp. Genshiryoku Kisei Iinkai) hat am 28. Juni 2017 den Plan des Energieversorgers Shikoku Electric Power Co., Inc. (Shikoku Denryoku) zur Stilllegung seines ältesten von drei Druckwasserreaktoren namens Ikata 1 (DWR, 566 MWe = Megawatt elektrisch) in Ikata-cho (rd. 9.000 Einwohner) in der Präfektur Ehime auf der Halbinsel Sadamisaki im Südwesten der Insel Shikoku genehmigt.

Nach den Reaktoren Mihama 1 (DWR, 340 MWe) und 2 (DWR, 500 MWe, Präfektur Fukui) von Kansai Electric Power Co., Inc. (Kansai Denryoku), Tsuruga 1 (SWR, 357 MWe, Präfektur Fukui) von The Japan Atomic Power Company (JAPC, jp. Nihon Genshiryoku Hatsuden), Shimane 1 (SWR = Siedewasserreaktor, 460 MWe, Präfektur Shimane) von Chugoku Electric Power Co., Inc. (Chūgoku Denryoku) und Genkai 1 (DWR, 559 MWe, Präfektur Saga) von Kyushu Electric Power Co., Inc. (Kyūshū Denryoku) ist Ikata 1 der sechste Stilllegungsplan, den die NRA seit dem Inkrafttreten strengerer Atomsicherheitsbestimmungen im Jahr 2012 als Folge der Dreifachkatastrophe vom 11. März 2011 (Erdbeben, Riesenflutwelle, Kernschmelzen) genehmigt hat.

Der Vorstand von Shikoku Denryoku hatte bereits im März 2016 entschieden, dass sich eine Investition von rund 170 Milliarden Yen zur Erfüllung der seit dem Nuklearunfall im Fukushima Daiichi-Kernkraftwerk von Tokyo Electric Power Company Holdings, Inc. (Tōkyō Denryoku) komplexeren Sicherheitsauflagen nicht rechnen würde und eine Laufzeitverlängerung über die 40-Jahre-Regel hinaus deshalb nicht in Betracht käme. Ikata 1 war im Jahr 1977 nach einer Bauzeit von vier Jahren und drei Monaten in Betrieb gegangen und hat nach Angaben des Betreibers bis zu Inspektionen und Streßtests seit September 2011 insgesamt 126,8 Terawattstunden Strom produziert. Die benutzten Kernbrennelemente von Ikata 1 müssen viele Jahre rund um die Uhr in einem Abklingbecken des jüngsten Kernreaktors Ikata 3 (DWR, 890 MWe, Inbetriebnahme 1994) von Shikoku Denryoku gekühlt werden.

Bei der Stilllegung fallen mehr als 3.000 Tonnen niedrigradioaktiver Atommüll an. Rund 40.000 Tonnen sollen als nichtradioaktiver Industriemüll klassifiziert und behandelt werden. Eine offizielle Endlagerstätte für hochradioaktiven Atommüll gibt es in Japan mehr als 63 Jahre nach der Verabschiedung des ersten Nuklearbudgets vom 3./4. März 1954 als Nachtragshaushalt und Kompromiß von drei konservativen Regierungsparteien des 5. und letzten Kabinetts von Premierminister Shigeru Yoshida noch nicht.

Das hat – nach dem Fukushima Daiichi-Nuklearunfall – dazu geführt, dass der frühere Vorsitzende der stärksten Regierungspartei (Liberaldemokratische Partei, jp. Jiyū Minshutō) und konservative Ex-Premierminister Jun’ichirō Koizumi (Amtszeit 2001–2006) nach einer Informationsreise in Deutschland und Finnland im August 2013 gegenüber japanischen Journalisten nach seiner Rückkehr aus voller Überzeugung den folgenden Satz fallen ließ: „Kernkraftwerke sind wie Häuser ohne Toilette.“ [Genpatsu wa toire naki manshon]. Von diesem Standpunkt ist der aktuelle liberaldemokratische Premierminister Shinzō Abe (Amtszeit 26.09.2006–26.09.2007, 26.12.2012–) mindestens soweit entfernt wie Koizumi zu seiner Zeit als amtierender Premierminister.

Erfinder der Trockenbatterie: Sakizō Yai

Außerhalb Japans ist wenig bekannt, daß der Erfinder der weltweit ersten Trockenbatterie [engl. dry battery, jp. kandenchi 乾電池] nicht der Deutsche Carl Gassner (1855–1942) und auch nicht der Däne Wilhelm Hellesen (1836–1892), sondern der japanische Autodidakt und Erfinder Sakizō Yai 屋井先蔵 (1864–1927) war, weil er wegen Geldarmut die Gebühren für die Patentanmeldung nicht bezahlen konnte und ihm das Know-how fehlte, wie man sie eventuell hätte vermeiden können.

Yai wurde gegen Ende der Edo-Zeit (1603–1868), der japanischen Frühmoderne, in Nagaoka in der Präfektur Niigata (damals Provinz Echigo) am Japanischen Meer (Nihonkai) als Sohn eines niederrangigen Samurai mit einem jährlichen Reiseinkommen von 300 Koku (1 Koku = ca. 180 Liter) geboren. Sein wichtigstes väterliches Erbe für seine späteren Erfindungen war möglicherweise wissenschaftliche Neugierde und eiserne Disziplin. Er war sechs Jahre alt, als sein Vater verstarb und wurde von seinem Onkel adoptiert. Mit 13 Jahren begann er eine Lehre in einer Uhrenwerkstatt, konnte seine Lehrzeit zunächst wegen Krankheit jedoch nicht vollenden und mußte deshalb in seinen Heimatort zurückkehren.

Nach später vollendeter Lehrvertragszeit legte er zweimal erfolglos die Aufnahmeprüfung ab für die 1881 gegründete Gewerbliche Schule Tokyo [Tōkyō Shokkō Gakkō 東京職工学校, später Tōkyō Kōtō Kōgyō Gakkō 東京高等工業学校, Nachfolgeorganisation war das Tokyo Institute of Technology (Tōkyō Kōgyō Daigaku 東京工業大学)]. Aus formalen Gründen wie Alterbegrenzungsvorschriften mußte er die Verfolgung seines Wunsches, an einer Höheren Technischen Schule zu studieren, aufgeben. In den folgenden drei Jahren forschte er ohne Stipendium und ohne Mäzen auf eigene Rechnung und eigenes Risiko an ständig in Bewegung bleibenden Geräten [jp. eikyū jidōki 永久自動機] und interessierte sich vornehmlich für Phänomene mit ruhender oder bewegter elektrischer Ladung.

Im Alter von 23 Jahren erfand Yai eine konstante elektrische Uhr [engl. continuous electric clock, jp. renzoku denki dokei 連続電気時計]. Seine Patentanmeldung Nr. 1205 war 1891 die erste in Japan zum Bereich der Elektrizität. In der Uhr war ein Daniell-Element aus einer Zink- und einer Kupfer-Halbzelle verbaut. Im Winter fror die Flüssigkeit der Naßzelle bei Minustemperaturen ein und machte die Uhr störungsanfällig. Yai machte sich daran, dieses Problem zu lösen und setzte sich das Ziel, eine Trockenbatterie zu entwickeln. Yai ging am Tage als Arbeiter dem Gelderwerb nach, arbeitete nachts als Erfinder und gönnte sich über Jahre hinweg nur drei, vier Stunden Schlaf pro Tag.

Er hatte das Glück, Assistent in einem Labor der privaten Tokyoter Akademie für Physik [The Tokyo Academy of Physics, später Science University of Tokyo, jp. Tōkyō Butsuri Gakkō 東京物理学校] zu werden, die 1881 von ein bis zwei Dutzend Physik-Absolventen der staatlichen Kaiserlichen Universität zu Tokyo [Tōkyō Teikoku Daigaku 東京帝国大学, heute The University of Tokyo, Tōkyō Daigaku 東京大学] gegründet worden war. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Science University of Tokyo im Jahr 1949 in Kagurazaka im Tokyoter Stadtbezirk Shinjuku in Tokyo University of Science [Tōkyō Rika Daigaku 東京理科大学] umbenannt und reorganisiert und existiert bis heute unter dieser Bezeichnung.

Yai war ein Pionier für die Kooperation zwischen Industrie und Forschung [sangaku kyōdō 産学協同] und tauschte sich oft mit Wissenschaftlern seines Labors aus, um Probleme bei der Entwicklung der Trockenbatterie zu diskutieren. So liefen häufig Chemikalien aus dem Pluspol, und unedle Metalle korrodierten und wurden unbrauchbar. Yai versuchte einen Graphitstab mit Paraffin zu imprägnieren und experimentierte so lange, bis er erfolgreich war. Es war jedoch nicht Yai, sondern Ichizaburō Takahashi 高橋市三郎, der die Trockenbatterie in Japan als Patent anmeldete (Patent Nr. 2086).

Außer Yai haben der oben erwähnte deutsche Arzt und Erfinder Gassner und der dänische Erfinder und Industrielle Hellesen unabhängig voneinander ebenfalls eine Trockenbatterie entwickelt und jeweils in ihrem Land als Patent angemeldet. Beide benutzten 1885/86 nasse Leclanché-Zellen für die Entwicklung ihrer jeweiligen Trockenbatterie. Gassner experimentierte bei einem Uhrmacher und benutzte in Türklingeln Gips als poröses Bindemittel für die Leclanché-Zellen, die oft austrockneten, und fügte wasseranziehende Chemikalien hinzu. Ein weiteres Anwendungsgebiet für die Trockenbatterie wurde die Telegrafie. Gassner meldete seine Trockenbatterie 1886 als Patent Nr. 37758 in Deutschland an, später auch in Österreich-Ungarn, Belgien, Frankreich und England. Er erwarb 1887 in den USA ein Patent für seine Erfindung unter der Nr. 373064 und errichtete in Frankfurt am Main eine Batteriefabrik. Er wurde innerhalb kurzer Zeit wohlhabend, weil seine Trockenbatterien zum Beispiel reichsweit in Türklingeln zur Anwendung kamen.

Yai hatte anfangs für seine Trockenbatterie noch keine Anwendung, in denen er sie gewinnbringend hätte veräußern können. Im Jahr 1891 heiratete er. Die Yai-Trockenbatterie wurde schließlich für die Weltausstellung in Chicago (01.05.–30.10.1893) in einem Seismographen der Kaiserlichen Universität zu Tokyo verbaut. Nach dem Ende der Weltausstellung bemühte sich das United States National Museum (später: Smithsonian Institution) erfolgreich um das japanische Exponat.

Im ersten Chinesisch-Japanischen Krieg (1894–1895) wurde Yais Trockenbatterie in der Mandschurei vom japanischen Militär eingesetzt und in einem japanischen Extrablatt in den höchsten Tönen gelobt [Manshū de no shōri wa hitoe ni kandenchi ni yoru mono 「満州での勝利はひとえに乾電池によるもの」]. Die Journalisten behandelten das Thema am nächsten Tag erneut und stellten den Namen des japanischen Erfinders in den Mittelpunkt ihrer Kriegsberichterstattung. So wurde Yai landesweit bekannt.

Er gründete 1910 die Yai-Trockenbatterie-Kommanditgesellschaft [Gōshi Gaisha Yai Kandenchi 合資会社屋井乾電池] und wählte als Standort für den Vertrieb Nishiki im Tokyoter Stadtbezirk Kanda. Die Produktion wurde im Tokyoter Stadtbezirk Asakusa (später Taitō) in Kamiyoshi-chō aufgebaut. Yais Batteriefabrik entwickelte sich mit einem Output von 200.000 Stück pro Jahr bis 1921 zur größten des Landes, weshalb er auch als „Trockenbatterie-König“ [kandenchi-ō 乾電池王] apostrophiert wurde.

Am 1. September 1923 machte um 11:58 Uhr das Große Kantō-Erdbeben [Kantō Daishinsai 関東大震災] seine Batteriefabrik mit einer Oberflächenwellen-Magnitude von 7,9 dem Erdboden gleich. Die Fabrik wurde in Kawasaki zwischen Tōkyō und Yokohama wieder aufgebaut. Yais Trockenbatterien verkauften sich nicht nur innerhalb Japans gut, sondern wurden auch exportiert. Eine unglückliche Koinzidenz aus Magenkrebs und akuter Lungenentzündung überlebte der chronisch überarbeitete 63-jährige Yai nicht. Ohne eigenen Nachfolger wurde sein Erbe nach einigen Jahren von der Konkurrenz übernommen. Im Jahr 1950 verschwand schließlich auch sein Name aus dem Verzeichnis japanischer Unternehmen.

Quelle: Denchi Kōgyōkai 電池工業会 [Battery Association of Japan].