「散らかった机が散らかった心のしるしなら、何も置かれていない机は何のしるしなのか?」(アルベルト・アインシュタイン、1879年~1955年)
Chirakatta tsukue ga chirakatta kokoro no shirushi nara, nani mo okarete inai tsukue wa nan no shirushi na no ka
“If a cluttered desk is a sign of a cluttered mind, of what, then, is an empty desk sign?”
„Wenn ein unordentlicher Schreibtisch einen unordentlichen Geist repräsentiert, was sagt dann ein leerer Schreibtisch über den Menschen aus, der ihn benutzt?“ (Albert Einstein, 1879–1955)
Angriff ist die beste Verteidigung.
「攻撃は最大の防御なり」
Kōgeki wa saidai no bōgyo nari
Offense is the best defense.
Angriff ist die beste Verteidigung.
Anmerkung
Seltenere synonyme Alternativen zu 「攻撃は最大の防御なり」 [Kōgeki wa saidai no bōgyo nari] für „Angriff ist die beste Verteidigung.“ sind im Japanischen 「攻撃は最良の防御なり」 [Kōgeki wa sairyō no bōgyo nari] und 「攻撃は最善の防御なり」 [Kōgeki wa saizen no bōgyo nari]. Im kriegerischen Krieg sowie im sportlichen Wettkampf sind Angriff und Verteidigung zwei Seiten derselben Medaille. Altsinojapanisch-hegelianesisch gesagt: Angriff als Nichtverteidigung und Verteidigung als Nichtangriff besitzen im lebendigen Entwickelungs- und Aufhebungsprocess zweier sich wechselseitig aufeinander beziehenden weltgeistigen Wesenheiten ein dialektisches Spannungs-, Entsprechungs- und Ergänzungsverhältnis und sind gleichsam „Eins und doppelt“ (Goethe: Gin[k]go [jp. Ginkyō, Ginnan, Ichō 銀杏] biloba. In: West-östlicher Divan, 1819, S. 131). Die operativ-taktisch-strategische Untrennbarkeit von Angriff und Verteidigung drücken die folgenden beiden synonymen Vier-Schriftzeichen-Komposita aus: 「攻防一如」 [jp. kōbō ichinyo, ch. gōngfáng yīrú] und 「懸待一致」 [jp. kentai itchi, ch. xuándài yīzhì].
Liebe macht blind. [2]
惚れた目には痘痕も靨
Horeta yokume ni abata mo ekubo
Für die Augen eines Verliebten sind selbst Pockennarben Lachgrübchen.
Liebe verdeckt viele Schwächen.
Liebe macht taub und blind.
Liebe macht blind.
惚れた目には痘痕も靨
Horeta me ni wa abata mo ekubo
To a lover’s eyes even a pockmark is a dimple.
Love covers many infirmities.
Love is deaf as well as blind.
Love is blind.
Das Leben ist kurz. [1]
光陰矢の如し
Kōin ya no gotoshi
Die Zeit ist wie ein Pfeil.
Die Zeit fliegt wie ein Pfeil.
Die Zeit vergeht wie im Flug.
Die Zeit verrinnt wie Sand in der Hand.
Das Leben ist kurz.
光陰矢の如し
Kōin ya no gotoshi
Time flies like an arrow.
Time flies!
Time and tide wait for no man.
Time and tide wait for no woman.
Life is short.
Anmerkung
Das Schriftzeichen 「光」 [jp. Kō, hikari, hika(ru); ch. guāng] bedeutet hauptsächlich „strahlen/Strahlen“, „leuchten/Leuchten“, „glänzen/Glänzen“, „funkeln/Funkeln“, „gleißen/Gleißen“ etc. sowie „Ruhm“ und „Ehre“. In der obigen sprichwörtlichen Redensart steht es für „Sonne(nstrahlen)“. Das zweite Schriftzeichen 「陰」 [jp. In, An, On, kage, kage(ru), kumo(ru), hiso(ka); ch. yīn, yìn, ān] bedeutet in „Kōin ya no gotoshi“ 「光陰矢の如し」 [Die Zeit ist/fliegt wie ein Pfeil.] „Mond“ und steht im Japanischen auch für „Schatten“. Als Kompositum bedeutet 「光陰」 [jp. kōin, ch. guāngyīn]: die Zeit(en).
Chinesische – und japanische – Mittelschüler lernen je nach Schulort nicht nur weitere Bedeutungen, wie „bewölkt“, „finster“, „dunkel“, „das negative/weibliche Prinzip Yīn von Yin und Yang“ im Daoismus [jp. dōkyō, ch. dàojiào 道教 oder auch jp. dōka, ch. dàojiā 道家, wörtlich „Lehre des Weges“], „negativ geladene Körper (Elektronenüberschuss)“, „implizit“, „versteckt“, „heimlich“, „geheim“, „verborgen“, „vertraulich“, „Genitalien“ sowie den „Familiennamen Yīn“], sondern auch unterschiedliche Schreibweisen: 陰|隂|阴.
Synonyme japanische sprichwörtliche Redensarten sind zum Beispiel 「人生は風前の灯」 Jinsei wa fūzen no tomoshibi [Das Leben ist wie eine Kerze im Wind.], 「光陰人を待たず」 Kōin hito o matazu [Die Zeit wartet auf niemanden.], 「光陰に関守なし」 Kōin ni sekimori nashi [Die Zeit lässt sich nicht anhalten. (wörtlich: Die Zeit hat keinen Grenzwächter.)], 「人生蜉蝣の如し」 Jinsei kagerō no gotoshi [Das menschliche Leben währt so kurz wie das einer Eintagsfliege.], 「人生は朝露の如し」 Jinsei wa chōro no gotoshi [Das menschliche Leben ist so vergänglich wie der Morgentau.] und 「人生は風灯石火の如し」 Jinsei wa fūtō sekka no gotoshi [Das menschliche Leben ist so kurz wie der Funke von Schwefelkies und Feuerstein im Wind.].
Ein Buch wie ein Faustschlag
「本というものは私たちの心の中の凍りついた海を砕く斧でなければならないのだ。」(フランツ・カフカ、1883年~1924年)
Hon to iu mono wa watashitachi no kokoro no naka no kōritsuita umi o kudaku ono de nakereba naranai no da
“A book must be the axe for the frozen sea within us.”
„Ein Buch muß die Axt sein für das gefrorene Meer in uns.“ (Franz Kafka, 1883–1924)
Anmerkung
Es liegt in der Natur des Zitats, daß es für sich allein steht und in der Regel notwendigerweise aus dem Zusammenhang gerissen ist. Den Satz „Ein Buch muß die Axt sein für das gefrorene Meer in uns.“ benutzte der 20-jährige Franz Kafka (03.07.1883–03.06.1924) in einem Brief vom Mittwoch, dem 27. Januar 1904 an seinen damals möglicherweise besten, etwa zwei Monate jüngeren Jugendfreund Oskar Pollak (05.09.1883–11.06.1915) – beide waren Mitglieder der Lese- und Redehalle der deutschen Studenten in Prag (informell kurz „Lesehalle“ oder „Halle“, 1848 bis 1939) – im folgenden Kontext: „Wir brauchen aber die Bücher, die auf uns wirken wie ein Unglück, das uns sehr schmerzt, wie der Tod eines, den wir lieber hatten als uns, wie wenn wir in Wälder verstoßen würden, von allen Menschen weg, wie ein Selbstmord, ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns.“ Der für Kunstgeschichte habilitierte Pollak starb mit 31 Jahren am 6. Juni 1915 als Freiwilliger im Ersten Weltkrieg. Franz Kafka starb mit 40 Jahren an Tuberkulose. Der Brief von Franz Kafka an Oskar Pollak in Prag wird im Folgenden ungekürzt und mit Quellenangabe wiedergegeben.
27. Januar 1904
Lieber Oskar!
Du hast mir einen lieben Brief geschrieben, der entweder bald oder überhaupt nicht beantwortet werden wollte, und jetzt sind vierzehn Tage seitdem vorüber, ohne daß ich Dir geschrieben habe, das wäre an sich unverzeihlich, aber ich hatte Gründe. Fürs erste wollte ich nur gut Überlegtes Dir schreiben, weil mir die Antwort auf diesen Brief wichtiger schien als jeder andere frühere Brief an Dich – (geschah leider nicht); und fürs zweite habe ich Hebbels Tagebücher (an 1800 Seiten) [Christian Friedrich Hebbel (18.03.1813–13.12.1863); Monika Ritzer hat im Jahr 2017 eine Neuedition der Tagebücher erstmals ungekürzt und mit allen Korrekturen, Ergänzungen und Marginalien etc. mit Kommentar und Apparat beim Verlag De Gruyter herausgegeben] in einem Zuge gelesen, während ich früher immer nur kleine Stückchen herausgebissen hatte, die mir ganz geschmacklos vorkamen. Dennoch fing ich es im Zusammenhange an, ganz spielerisch anfangs, bis mir aber endlich so zu Mute wurde wie einem Höhlenmenschen, der zuerst im Scherz und in langer Weile einen Block vor den Eingang seiner Höhle wälzt, dann aber, als der Block die Höhle dunkel macht und von der Luft absperrt, dumpf erschrickt und mit merkwürdigem Eifer den Stein wegzuschieben sucht. Der aber ist jetzt zehnmal schwerer geworden und der Mensch muß in Angst alle Kräfte spannen, ehe wieder Licht und Luft kommt. Ich konnte eben keine Feder in die Hand nehmen während dieser Tage, denn wenn man so ein Leben überblickt, das sich ohne Lücke wieder und wieder höher türmt, so hoch, dass man es kaum mit seinen Fernrohren erreicht, da kann das Gewissen nicht zur Ruhe kommen. Aber es tut gut, wenn das Gewissen breite Wunden bekommt, denn dadurch wird es empfindlicher für jeden Biß. Ich glaube, man sollte überhaupt nur solche Bücher lesen, die einen beißen und stechen. Wenn das Buch, das wir lesen, uns nicht mit einem Faustschlag auf den Schädel weckt, wozu lesen wir dann das Buch? Damit es uns glücklich macht, wie Du schreibst? Mein Gott, glücklich wären wir eben auch, wenn wir keine Bücher hätten, und solche Bücher, die uns glücklich machen, könnten wir zur Not selber schreiben. Wir brauchen aber die Bücher, die auf uns wirken wie ein Unglück, das uns sehr schmerzt, wie der Tod eines, den wir lieber hatten als uns, wie wenn wir in Wälder verstoßen würden, von allen Menschen weg, wie ein Selbstmord, ein Buch muß die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. Das glaube ich.
Aber Du bist ja glücklich, Dein Brief glänzt förmlich, ich glaube, Du warst früher nur infolge des schlechten Umganges unglücklich, es war ganz natürlich, im Schatten kann man sich nicht sonnen. Aber daß ich an Deinem Glück schuld bin, das glaubst Du nicht. Höchstens so: Ein Weiser, dessen Weisheit sich vor ihm selbst versteckte, kam mit einem Narren zusammen und redete ein Weilchen mit ihm, über scheinbar fernliegende Sachen. Als nun das Gespräch zu Ende war und der Narr nach Hause gehen wollte – er wohnte in einem Taubenschlag –, fällt ihm da der andere um den Hals, küßt ihn und schreit: danke, danke, danke. Warum? Die Narrheit des Narren war so groß gewesen, daß sich dem Weisen seine Weisheit zeigte. –
Es ist mir, als hätte ich Dir ein Unrecht getan und müßte Dich um Verzeihung bitten. Aber ich weiß von keinem Unrecht.
Dein Franz
Quelle: Franz Kafka (1975): Briefe. 1902–1924. Ungekürzte Ausgabe (Fischer-Taschenbücher; 1575) Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag, S. 27–28.