Morgen weht der Wind von Morgen.

明日は明日の風が吹く
Ashita wa ashita no kaze ga fuku
Morgen weht der Wind von Morgen.
„Et kütt wie et kütt.“
[Artikel 2 des Rheinischen Grundgesetzes]
Sorge Dich nicht um morgen.
Es geht immer weiter.
Lebe in der Gegenwart.

明日は明日の風が吹く
Ashita wa ashita no kaze ga fuku
Tomorrow blows tomorrow’s wind.
Let the morn come and the meat with it.

Heute rot, morgen tot.

朝には紅顔ありて夕べには白骨となる
Ashita ni wa kōgan arite yūbe ni wa hakkotsu to naru
Am Morgen ein rosiges Gesicht, am Abend weiße Knochen.
Niemand weiß, wann und wie er/sie selbst sterben wird.
Heute rot, morgen tot.

朝に紅顔あって夕べに白骨となる
Ashita ni kōgan atte yūbe ni hakkotsu to naru
A rosy face in the morning, white bones in the evening.
Today red, tomorrow dead.

Anmerkung
Das japanische Original hat nichts mit antikommunistischen Parolen des 20. Jahrhunderts zu tun, sondern stammt von einem renommierten spätmittelalterlichen Vertreter des Nichiren-Buddhismus zur Muromachi-Zeit (1392–1573). Der buddhistische Meister Rennyo 蓮如 beziehungsweise Rennyo Shōnin 蓮如上人 (1415–1499) erinnert mit diesem Satz in seinem Brief [„Hakkotsu no Ofumi/Gobunshō“ 「白骨の御文(章)」] als 8. Erzabt der Wahren Schule des Reinen Landes [Jōdo Shinshū 浄土真宗] an die Vergänglichkeit und die Unsicherheiten des menschlichen Lebens und Sterbens. Er ruft dazu auf, an Amitābha, den Buddha des Reinen Landes [jp. Amida Nyorai 阿弥陀如来], zu glauben und empfiehlt, Buddhas Namen zu rezitieren. Im Kern ist der Satz als Aufruf zur rechten – buddhistischen – Lebensweise zu verstehen.

Über der englischen Übersetzung steht eine ebenfalls verbreitete Fassung in der modernen japanischen Gegenwartssprache. Der Original-Brief mit Kanji und Katakana lautet: 「朝ニハ紅顔アリテ夕ニハ白骨トナレル」. Die moderne Kana-Orthographie mit Kanji und Hiragana lautet: 「朝には紅顔ありて夕には白骨となれる」. Die säkulare Variante „Heute rot, morgen tot.“ ist eine mögliche, aber nur grobe semantische Annäherung.

Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. [1]

「見ぬ事清し」
Minu koto kiyoshi
Was man nicht sieht, ist sauber.
Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.

「見ぬ物清し」
Minu mono kiyoshi
What one does not see is clean.
What the eye doesn’t see the heart doesn’t grieve over.

Anmerkung
Die Begriffe mono 物 und koto 事 beziehungsweise monogoto 物事 umfassen alle konkreten und abstrakten Dinge und Angelegenheiten. Deshalb wird anstelle von Minu koto kiyoshi  「見ぬ事清し」 auch Minu mono kiyoshi  「見ぬ物清し」 benutzt.

Wer zwei Hasen jagt, fängt keinen. [2]

虻蜂取らず
Abu hachi torazu
Weder Bremse noch Wespe fangen.
Wer zweierlei zugleich will, bekommt nichts.
Wer zu viel will, bekommt gar nichts.
Wer zwei Hasen jagt, fängt keinen.

虻蜂取らず
Abu hachi torazu
To catch neither horsefly nor wasp.
Between two stools one falls to the ground.
He that hunts two hares loses both.
If you run after two hares, you will catch neither.

Diplomatie

「外交とは最も汚いことを、最も美しく行ってみせたり言ったりすることだ。」(アイザック・ゴールドバーグ、1887年~1938年)
Gaikō to wa mottomo kitanai koto o, mottomo utsukushiku okonatte misetari ittari suru koto da.
“Diplomacy is to do and say the nastiest things in the nicest way.”
„Diplomatie heißt, die häßlichsten Dinge auf netteste Art zu tun und zu sagen.“ (Isaac Goldberg, 1887–1938)

Intelligenz schützt nicht vor Dummheit.

「知能は無知から我々を守ってくれない」(エルンスト・アレクサンダー・ラウター、1929年~2006年)
Chinō wa muchi kara wareware o mamotte kurenai
“Intelligence does not protect from ignorance.”
„Intelligenz schützt nicht vor Dummheit.“ (Ernst Alexander Rauter, 1929–2006)

Quelle: Rauter, Ernst Alexander: Wie eine Meinung in einem Kopf entsteht. Über das Herstellen von Untertanen. München: Weismann, 1971, S. 17.

Stille Wasser sind tief. [2]

浅瀬に仇波
Asase ni adanami
Je seichter der Strom, desto rauher die Wellen.
Leere Fässer klingen hohl.
Leere Töpfe klappern am meisten.
Ein leerer Topf am meisten klappert, ein leerer Kopf am meisten plappert.
Stille Wasser sind tief.

浅瀬に仇波
Asase ni adanami
Deep rivers move in silence, shallow brooks are noisy.
Wise man [and women] talk because they have something to say; fools because they have to say something.
The empty vessel makes the greatest sound.
Those who know little talk much.
Still waters run deep.

Anmerkung
Die sprichwörtliche Redensart »Asase ni adanami« dient heutzutage als Gleichnis für oberflächliche und launenhafte Menschen, die auch bei geringfügigen Dingen viel Lärm um nichts machen. Für das Bild der rauhen, tobenden Wellen [»adanami«] gibt es im Japanischen noch heute drei Schreibweisen: 「仇浪」 「徒波」 「徒浪」. Das Gleichnis kommt in Gedicht Nr. 522 der Anfang des 10. Jahrhunderts vollendeten kaiserlichen Anthologie namens »Kokin Wakashū« 『古今和歌集』 [Sammlung alter und moderner japanischer Gedichte, ca. 920 n.u.Z.] vor. Als Autor dieses Waka – ein Begriff, der in Abgrenzung zu chinesischen Formen der Dichtung geprägt wurde – gilt der buddhistische Mönch Sosei [Sosei Hōshi 素性法師], dessen Lebensdaten unsicher sind (ca. 909 n.u.Z. verstorben). Es handelt sich bei diesem Waka um ein 31-silbiges Kurzgedicht [Tanka 短歌] mit dem typischen Versmaß 5-7-5-7-7, das man recht verschieden, mit mehr oder weniger chinesischen Schriftzeichen (Kanji) und je nach Interpretation mit verschiedenen Kanji schreiben kann: »An tiefen Stellen sind die Wellen der Flußströmung lautlos, aber an Untiefen ohrenbetäubend.« Da das Kurzgedicht im 14. von 20 Büchern der »Blumenlese« zum Thema Liebe und Sehnsucht steht, sind hier durchaus noch weitere Möglichkeiten der Interpretation gegeben, wenn man japanischen und chinesischen Experten für Prosodie und Herzensangelegenheiten folgen würde. Im Folgenden das Kurzgedicht in einer moderneren, um Kanji angereicherten, in einer um Hiragana angereicherten Variante mit lateinischer Transkription und in einer amerikanischen Übersetzungsmöglichkeit:

底ひなき
淵やは騒ぐ
山川の
浅き瀬にこそ
仇波は立て

そこひなき
ふちやはさはぐ
山川の
あさきせにこそ
あだ浪はたて

sokoi naki
fuchi ya wa sawagu
yamagawa no
asaki se ni koso
adanami wa tate

Helen Craig McCullough hat das Gedicht in ihrem Buch Kokin Wakashū. The First Imperial Anthology of Japanese Poetry (Stanford, California: Stanford University Press, 1985, S. 159) wie folgt ins Englische übersetzt:

Do waters clamor
inside a bottomless pool?
The shallow rapid
of a brawling mountain stream –
that is where noisy waves rise!

Wo Nichtwissen Seligkeit, ist es Torheit, weise zu sein.

「知らないのが幸福なら、知ることは愚か」(トマス・グレイ、1716~1771)
Shiranai no ga kōfuku nara, shiru koto wa oroka
“Where ignorance is bliss, ’tis folly to be wise.”
„Wo Nichtwissen Seligkeit, ist es Torheit, klug zu sein.“ (Thomas Gray, 1716–1771)

Anmerkung
Das Zitat stammt aus den beiden letzten Zeilen des von Thomas Gray im Jahr 1742 verfaßten Gedichts „Ode on a Distant Prospect of Eton College“ (veröffentlicht 1747).

Wenig ist besser als nichts.

有るは無いに勝る
Aru wa nai ni masaru
Etwas ist besser als nichts.
Man hat, was man hat.
Der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach.
Wenig ist besser als nichts.

有るは無いに勝る
Aru wa nai ni masaru
Something is better than nothing.
A bird in the hand is worth two in the bush.
A crust is better than no bread.
Half a loaf is better than none.