幸運の女神には後ろ髪はない
Kōun no megami ni wa ushirogami wa nai
Die Glücksgöttin hat keine Haare am Hinterkopf.
Eine verpasste Gelegenheit kommt nicht so schnell wieder.
Eine günstige Gelegenheit kommt nur einmal.
幸運の女神には後ろ髪はない
Kōun no megami ni wa ushirogami wa nai
The goddess of fortune has no hairs at the back part of her head.
Nothing is more expensive than a missed opportunity.
Opportunity only knocks once.
Anmerkung
Die deutsche sprichwörtliche Redensart das Glück oder „eine Gelegenheit beim Schopfe packen“ und die englische Entsprechung „to grasp an opportunity by the forelock“ gehen auf eine altgriechische sinnbildhafte Vorstellung und den religiös-philosophischen Begriff des „Kairos“, des rechten Augenblicks oder des passenden Moments, zurück.
Kairos ist in der griechischen Mythologie die personifizierte Gottheit des richtigen Zeitpunkts unter günstigen Umständen in der gestauchten Zeit und somit das Pendant zu Chronos, dem Gott der messbaren, in gleichbleibendem Tempo fließenden Zeit beziehungsweise der langen Zeiträume.
Kairos besitzt vorn eine lockige, volle Haarpracht und ist am Hinterkopf kahl; man muss ihn also im sprichwörtlichen Sinne beim Schopfe packen, sonst wäre der geflügelte Jüngling für Sterbliche im nächsten Moment uneinholbar und unwiederbringlich verschwunden. Ein Messer und eine Balkenwaage sind weitere mögliche Attribute.
Von der klassischen Periode Griechenlands bis zur europäischen Neuzeit wandelte sich die bildliche Darstellung und die textliche Beschreibung des Kairos auf Marmorkopien, Siegeln und Sarkophagen. Im Laufe der Zeit wurde Kairos durch Attribute des Götterboten Hermes (Flügelschuhe), der Nemesis, der Göttin des gerechten Zorns und der ausgleichenden Gerechtigkeit (Flügelräder), und der griechischen Schicksalsgöttin Tyche (römisch Fortuna), zuständig für die Fügung des Zufalls (Kugel, Flügel), ikonologisch an- und abgereichert.
Im Übergang vom Mittelalter zur frühen Neuzeit wurde Kairos auch als Occasio, eine „günstige Gelegenheit“ [zur Sünde], weiblich personifiziert verbildlicht.