Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. [2]

因果応報
inga ōhō
Die Saat entspricht der Ernte.
Ut sementem feceris, ita metes.
Wie du die Saat gemacht hast, so wirst du ernten.
Wie die Saat, so die Ernte.
Wie du mir, so ich dir.
Alle Missetaten rächen sich früher oder später.
Wie man sich bettet, so liegt man.
Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.

因果応報
inga ōhō
You reap what you sow.
You harvest what you sow.
Ut sementem feceris, ita metes.
As you sow, so you shall reap.
Who spits against heaven [the wind], it falls in his/her face.
An ill life, an ill end.
As you make your bed, so you must lie on it.
What goes around, comes around.

Anmerkung
Ursprünglich wurde das Vier-Schriftzeichen-Kompositum inga ōhō im Sinne von Lohn und Strafe für gute und böse Taten verwendet. Heutzutage wird es in Japan häufig mit der Bedeutung von Vergeltung für böse Taten – Handlungen sowie Gedanken – verwendet.

Das Unerwartete tritt ein.

一寸先は闇
Issun saki wa yami
Ein Zoll weiter ist Finsternis.
Selbst die unmittelbare Zukunft kennt niemand.
Das Unerwartete geschieht immer.
Das Unerwartete tritt ein.

一寸先は闇
Issun saki wa yami
Darkness lies one inch ahead.
No one knows what the future holds.
Life is full of uncertainties.
The unexpected always happens.

Anmerkung
Dieses Sprichwort steht auf der 1. von 48 Karten des traditionellen Iroha-Kartenspiels von Kyoto (Kyoto Iroha Karuta), der früheren Hauptstadt Japans. Nach dem traditionellen japanischen System für Volumina, Massen, Längen und Flächen (shakkanhō) entspricht 1 Sun [issun 一寸] etwa 3,03 Zentimetern. Dieses Einheitensystem galt bis 1921 und wurde 1959 durch das metrische System abgelöst.

Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. [1]

鐘も撞木の当たりよう
Kane mo shumoku no atari yō
Die Glocke klingt, wie der hölzerne Glockenschlegel angeschlagen hat.
Ut sementem feceris, ita metes.
Wie du die Saat gemacht hast, so wirst du ernten.
Man erntet, was man sät.
Wie man sich bettet, so liegt man.
Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.

鐘も撞木の当たりがら
Kane mo shumoku no atari gara
The bell sounds like the stroke of the wooden bell hammer.
Ut sementem feceris, ita metes.
As you sow, so you shall reap.
What goes around, comes around.

Anmerkung
Buddhistische Tempelglocken [jp. bonshō 梵鐘, auch genannt: tsurigane 釣り鐘 (Hängeglocken) oder ōgane 大鐘 (große Glocken)] haben keinen Klöppel. Sie werden durch ein waagerecht schwingendes Holz, das einen metallenen Kopf hat, von außen angeschlagen.

Nach alter buddhistischer (und daoistischer) liturgischer Auffassung haben sich Glocken auf der Ostseite und Trommeln auf der Westseite zu befinden. Im naturphilosophischen Glauben Ostasiens steht im Rahmen der polar einander entgegengesetzten und dennoch aufeinander bezogenen Kräfte oder Prinzipien die Ostseite für das weiße Yang (sonnenhaft-hell, feurig-heiß, hart, männlich, aktiv, Bewegung) und die Westseite für das schwarze Yin (mondhaft-dunkel, kalt, weich, weiblich, passiv, Ruhe).

Die obige sprichwörtliche Redensart wird in der Umgangssprache nicht selten als Gleichnis auf das Geschlechterverhältnis bezogen: Zwischen (Ehe-) Mann und (Ehe-) Frau geht es je nach Partner oder Partnerin gut oder schlecht. Die wörtliche Fassung von „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es (wieder) heraus.“ findet in Japan keine Verwendung und sollte nur zur Erklärung der Bedeutung des deutschen Sprichwortes gegenüber japanischen Muttersprachlerinnen und Muttersprachlern benutzt werden:
「森の中へ叫んだ通りに木霊が返ってくる。」[意訳]
Mori no naka e sakenda tōri ni kodama ga kaette kuru

Die Hoffnung stirbt zuletzt.

命あっての物種
Inochi atte no monodane
Leben ist die Grundvoraussetzung für alle weiteren Dinge.
Es gibt ein Mittel gegen alles, außer gegen den Tod.
Dum spiro, spero. (Cicero)
Solange ich atme, hoffe ich.
Solange es Leben gibt, gibt es Hoffnung.
Die Hoffnung stirbt zuletzt.

命あっての物種
Inochi atte no monodane
There is a remedy for everything except death.
Dum spiro, spero. (Cicero)
While I breathe, I hope.
While there’s life, there’s hope.
Hope is the last thing to die.
Hope dies last.

Das Glas ist halb leer.

「コップにもう半分しか入っていない」
Koppu ni mō hanbun shika haitte inai
The glass is half-empty.
Das Glas ist halb leer.

Probieren geht über studieren.

論より証拠
Ron yori shōko
Ein praktischer Beweis ist besser als Debatten.
Tatsachen sprechen für sich.
„Willst du den Geschmack einer Birne kennenlernen, mußt du sie verändern, das heißt, in deinem Mund zerkauen.“ (Mao Zedong, 1937)
„(…) ehe die Menschen argumentierten, handelten sie.“ (Friedrich Engels, 1880)
„Im Anfang war die That.“ (Johann Wolfgang von Goethe, Faust, 1808)
„Si no, al freír de los huevos lo verá.“ (Miguel de Cervantes, Don Quixote, 1615)
„Der ganze Beweis des Puddings besteht darin, ihn zu essen.“ (William Camden, 1605)
Die Probe auf den Pudding liegt im Essen.
Probieren geht über studieren.

論より証拠
Ron yori shōko
Evidence is better than debate.
“If you want to know the taste of a pear, you must change it, that is, you must chew it in your mouth.” (Mao Zedong, 1937)
“But before there was argumentation, there was action.” (Friedrich Engels, 1880)
“In the beginning was the deed.” (Johann Wolfgang von Goethe, Faust, 1808)
„Si no, al freír de los huevos lo verá“ (Miguel de Cervantes, Don Quixote, 1615)
“All the proof of a pudding is in the eating.” (William Camden, 1605)
The proof of the pudding is in the eating.

Anmerkung
Die japanische sprichwörtliche Redensart „Ron yori shōko“ 論より証拠 steht auf der 2. von 48 Karten des traditionellen Iroha-Kartenspiels von Edo (Edo Iroha Karuta), dem heutigen Tokyo, das vorzugsweise um Neujahr gespielt wurde und wird. Das Mao-Zitat stammt aus der Zeit des Widerstands gegen die japanischen Besatzer (Juli 1937) und kursiert in verschiedenen originalsprachlichen Fassungen.

Hans Dampf in allen Gassen

多芸は無芸
Tagei wa mugei
Vielseitigkeit ist Mangel an Talent.
Wer zu viele Künste zu beherrschen sucht, meistert keine.
Wer vielen Künsten dient, dient keiner.
Von allem etwas verstehen, aber nichts wirklich meistern.
Ein Generalist, kein Experte.
Ein Universalist, kein Spezialist.
Hans Dampf in allen Gassen

多芸は無芸
Tagei wa mugei
Too many accomplishments make no accomplishment.
A person who has a competent grasp of many skills but who is not outstanding in any one.
“Johnny do-it-all”
Iohannes fac totum [Johannes factotum]
Jack of all trades, master of none

Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn.

犬も歩けば棒に当たる
Inu mo arukeba bō ni ataru
Wenn ein Hund herumläuft, findet er einen Stock.
Auch der Dümmste kann Glück und Erfolg haben.
Auch ein Blinder trifft mal ins Schwarze.
Auch eine kaputte Uhr geht zweimal am Tag richtig.
Jeder hat mal Glück im Leben.
Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn.

犬も歩けば棒に当たる
Inu mo arukeba bō ni ataru
A dog that walks around will find a stick.
The dog that trots about finds a bone.
Even a blind squirrel will find a nut.
Even a broken clock is right twice a day.
A blind man may perchance hit the mark.
Every dog has his day.

Anmerkung
Dieses Sprichwort steht auf der 1. von 48 Karten des traditionellen Iroha-Kartenspiels von Edo (Edo Iroha Karuta), dem heutigen Tokyo, das vorzugsweise um Neujahr gespielt wurde und wird, und hat einen signifikanten Bedeutungswandel durchgemacht. War damit ursprünglich einerseits eine Ermahnung gemeint, seine Nase nicht überall hineinzustecken, weil ein aufdringlicher Hund sonst den Knüppel [棒 bō] des Herrn (oder der Herrin) zu spüren bekäme und dem Wichtigtuer Unglück widerführe. Andererseits konnte dem Ungeduldigen und Gedankenlosen schon in der Frühmoderne unerwartetes Glück beschert werden. Aber in der neueren Zeit verbinden viele Japanerinnen und Japaner mit dem Verb „ataru“ 「当たる」 eher „das große Los ziehen“, weshalb sich die Assoziation des herumtrottenden Hundes, der einen Knochen findet, durchgesetzt hat.