Der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach.

明日の百より今日の五十
Asu no hyaku yori kyō no gojū
Lieber fünfzig heute als hundert morgen.
Man hat, was man hat.
Ein halbes Brot jetzt ist besser als ein ganzes morgen.
Der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach.

明日の百より今日の五十
Asu no hyaku yori kyō no gojū
Fifty today is better than one hundred tomorrow.
Something is better than nothing.
Better an egg today than a hen tomorrow.
A bird in the hand is worth two in the bush.

Jacke wie Hose

五十歩百歩
Gojippo hyappo
Fünfzig Schritte oder hundert Schritte.
Das ist gehüpft wie gesprungen.
Das ist Jacke wie Hose.

五十歩百歩
Gojippo hyappo
Fifty steps or one hundred steps.
Six of one and half a dozen of the other.
It makes no odds.

Anmerkung
Die sprichwörtliche Redensart von den fünfzig oder hundert Schritten, die keinen Unterschied ausmachen, stammt aus der Zeit der Streitenden Reiche (5. Jh. v.u.Z. bis 221 v.u.Z.) beziehungsweise der östlichen Zhou-Dynastie (770–256 v.u.Z.) von dem chinesischen Gelehrten Mengzi 孟子 [ch. Mèngzǐ, jp. Mōshi, 372–289 v.u.Z., latinisiert Mencius]. Mengzi machte sich um die Durchsetzung des Konfuzianismus in China verdient, glaubte an das Gute in der menschlichen Natur und war ein früher Verfechter des Umweltgedankens unter besonderer Berücksichtigung von Nachhaltigkeit.

Eines Tages trifft König Hui 惠王 [ch. Huì Wáng, jp. Kei Ō] des Reiches Liang 梁 [ch. Liáng, jp. Ryō; vor der Hauptstadtverlegung nannte man das Reich eher Wei 魏 (ch. Wèi, jp. Gi)] Mengzi und klagt ihm sein Leid: Die Herrscher der benachbarten Reiche dächten beim Herrschen nicht – so wie er – an das Wohlergehen ihres Volkes; wenn sich zum Beispiel wegen einer Naturkatastrophe in Hedong eine Mißernte ereignet, hilft er seinem Volk selbstverständlich, versorgt es mit Lebensmitteln und siedelt es nach Henei um. Aber obwohl er ein so vorbildlicher, moderner Herrscher ist, wächst seine Bevölkerung genau so wenig wie die in den benachbarten Reichen mit altbackener Führung.

Was mag wohl der Grund sein, richtet er sich fragend an den Gelehrten. Mengzi denkt nach und antwortet sinngemäß: Seine Majestät mögen Kriege. Ich erlaube mir daher, den Krieg als Analogie zu benutzen. Auf dem Schlachtfeld läßt der Kampflärm den Himmel erschüttern. Zwei Armeen mögen sich in einer Pattsituation befinden, aber am Ende gibt es sicher einen Sieger und einen Verlierer. Die besiegten Soldaten werfen ihre Helme und ihre Rüstung weg und rennen flüchtend um ihr Leben. Manche fliehen fünfzig Schritte und halten an, während andere hundert Schritte laufen und abstoppen. Dann lachen die fünfzig Schritte Geflohenen über die Feigheit der hundert Schritte Enteilten. Denken seine Majestät, dass es hier angebracht sei, zu lachen? König Hui schlägt mit der Faust auf den Tisch und sagt: Natürlich nicht. Ganz gleich, ob sie fünfzig oder hundert Schritte fliehen, es sind die gleichen Deserteure. Mengzi erwidert lächelnd: Da seine Majestät den Sinn meiner Worte verstanden haben, können seine Majestät nicht erwarten, dass die Bevölkerung des Reiches Liang größer als die der Nachbarn ist.

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Hochmut kommt vor dem Fall. [1]

驕兵必敗
kyōhei hippai
Eine Niederlage ist unvermeidlich für ein zu selbstsicheres Heer.
Selbstgefällige Soldaten gehen unter.
Hochmut kommt vor dem Fall.

驕兵必敗
kyōhei hippai
Defeat is inevitable for an overconfident army.
An arrogant army is bound to lose.
Pride comes before a fall.

Anmerkung
Die chinesische Fassung des obigen Vier-Schriftzeichen-Kompositums legt einen etymologischen Zusammenhang nahe: 驕兵必敗 [骄兵必败] jiāo bīng bì bài.

Die alttestamentliche Version von „Hochmut kommt vor dem Fall.“ aus den Sprüchen Salomos (Kapitel 16, Vers 18) [dt. Wer zu Grunde gehen soll, der wird zuvor stolz; und Hochmut kommt vor dem Fall; lat. contritionem praecedit superbia et ante ruinam exaltatur spiritus] lautet in japanischer Übersetzung schlicht: おごりは没落の前に現れる。 [Ogori wa botsuraku no mae ni arawareru].

Eine allgemeine japanische Version ohne chinesischen und biblischen Bezug lautet: 驕れる者久しからず。 [Ogureru mono hisashikarazu].

Eine andere japanische Variante mit Bezug zur mittelalterlichen Geschichte Japans, als die Minamoto und die Taira (Heike) bis zur endgültigen Niederlage um die Vorherrschaft im Land kämpften (1185), lautet: 驕る平家は久しからず。 Ogoru Heike wa hisashikarazu. [Der hochmütige Taira-Clan ging bald unter. = Hochmut kommt vor dem Fall.]

Die Zeit heilt alle Wunden, aber…

「時間は偉大な治療師であろうが、美容師としては最低である。」(マーク・トウェイン、1835年~1910年)
Jikan wa idai na chiryōshi de arō ga, biyōshi toshite wa saitei de aru
“Time may be a great healer, but it’s a lousy beautician.”
„Die Zeit mag Wunden heilen, aber sie ist eine miserable Kosmetikerin.“ (Mark Twain, 1835–1910)

Die Zeit heilt alle Wunden.

「時間は偉大な治療師である」
Jikan wa idai na chiryōshi de aru
Dies levat luctum.
Die Zeit lindert den Schmerz.
Die Zeit heilt alle Wunden.

「時間は偉大な治療師である」
Jikan wa idai na chiryōshi de aru
Time will heal.
Time heals all wounds.
Time is a great healer.

In der Nacht sind alle Katzen grau.

夜目遠目笠の内
Yome tōme kasa no uchi
Bei Nacht, aus der Ferne, mit Hut.
Im Dunkeln, aus der Distanz betrachtet und mit Hut sehen Frauen [und Männer] attraktiver aus.
In der Nacht sind alle Katzen grau.

夜目遠目笠の内
Yome tōme kasa no uchi
In the dark, at a distance, wearing a hat.
Choose neither a woman [nor a man] nor linen by candlelight.
All colors will agree in the dark.
All cats are grey by night.

Anmerkung
Dieses Sprichwort steht auf der 15. von 48 Karten des traditionellen Iroha-Kartenspiels von Kyōto (Kyōto Iroha Karuta) und Kamigata (Kamigata Iroha Karuta). Der geographische Begriff Kamigata bezeichnet i.e.S. Kyōto und Ōsaka, i.w.S. darüber hinaus auch die fünf anderen Präfekturen der Kinki-Region namens Hyōgo, Nara, Mie, Shiga und Wakayama. Während der Zeit des Tokugawa-Shogunates (1603–1868) bezeichnete Kamigata die fünf Provinzen Yamato (Präfektur Nara), Yamashiro (Süden der heutigen Präfektur Kyōto), Settsu (Teile der heutigen Präfekturen Ōsaka und Hyōgo), Kawachi (Osten der heutigen Präfektur Ōsaka) und Izumi (Süden der heutigen Präfektur Ōsaka).

Scheitern ist der Schlüssel zum Erfolg. [1]

失敗は成功の基
Shippai wa seikō no moto
Niederlagen sind die Grundlage für Erfolg.
Niederlagen sind die Pfeiler des Erfolgs.
Scheitern ist die Vorstufe des Erfolgs.
Lerne aus deinen Fehlern.
Scheitern ist der Schlüssel zum Erfolg.

失敗は成功の基
Shippai wa seikō no moto
Failure is the foundation of success.
Failure is a stepping stone to success.
Failure teaches success.
Learn from your mistakes.
Failure is the key to success.

Morgen weht der Wind von Morgen.

明日は明日の風が吹く
Ashita wa ashita no kaze ga fuku
Morgen weht der Wind von Morgen.
„Et kütt wie et kütt.“
[Artikel 2 des Rheinischen Grundgesetzes]
Sorge Dich nicht um morgen.
Es geht immer weiter.
Lebe in der Gegenwart.

明日は明日の風が吹く
Ashita wa ashita no kaze ga fuku
Tomorrow blows tomorrow’s wind.
Let the morn come and the meat with it.

Heute rot, morgen tot.

朝には紅顔ありて夕べには白骨となる
Ashita ni wa kōgan arite yūbe ni wa hakkotsu to naru
Am Morgen ein rosiges Gesicht, am Abend weiße Knochen.
Niemand weiß, wann und wie er/sie selbst sterben wird.
Heute rot, morgen tot.

朝に紅顔あって夕べに白骨となる
Ashita ni kōgan atte yūbe ni hakkotsu to naru
A rosy face in the morning, white bones in the evening.
Today red, tomorrow dead.

Anmerkung
Das japanische Original hat nichts mit antikommunistischen Parolen des 20. Jahrhunderts zu tun, sondern stammt von einem renommierten spätmittelalterlichen Vertreter des Nichiren-Buddhismus zur Muromachi-Zeit (1392–1573). Der buddhistische Meister Rennyo 蓮如 beziehungsweise Rennyo Shōnin 蓮如上人 (1415–1499) erinnert mit diesem Satz in seinem Brief [„Hakkotsu no Ofumi/Gobunshō“ 「白骨の御文(章)」] als 8. Erzabt der Wahren Schule des Reinen Landes [Jōdo Shinshū 浄土真宗] an die Vergänglichkeit und die Unsicherheiten des menschlichen Lebens und Sterbens. Er ruft dazu auf, an Amitābha, den Buddha des Reinen Landes [jp. Amida Nyorai 阿弥陀如来], zu glauben und empfiehlt, Buddhas Namen zu rezitieren. Im Kern ist der Satz als Aufruf zur rechten – buddhistischen – Lebensweise zu verstehen.

Über der englischen Übersetzung steht eine ebenfalls verbreitete Fassung in der modernen japanischen Gegenwartssprache. Der Original-Brief mit Kanji und Katakana lautet: 「朝ニハ紅顔アリテ夕ニハ白骨トナレル」. Die moderne Kana-Orthographie mit Kanji und Hiragana lautet: 「朝には紅顔ありて夕には白骨となれる」. Die säkulare Variante „Heute rot, morgen tot.“ ist eine mögliche, aber nur grobe semantische Annäherung.