Begabung und Talent

瑠璃も玻璃も照らせば光る
Ruri mo hari mo teraseba hikaru
Sowohl Lasurstein als auch Bergkristall glänzen, wenn Licht auf sie fällt.
Begabung und Talent zeigen sich bei Licht besehen.

瑠璃も玻璃も照らせば光る
Ruri mo hari mo teraseba hikaru
Lapis lazuli and crystals shine when lit up.
The sun seeth all things and discovereth all things.

Anmerkung
Diese sprichwörtliche Redensart steht auf der 11. von 48 Karten des traditionellen Iroha-Kartenspiels von Edo (Edo Iroha Karuta), heute Tokyo.

Kinder sind die Reichtümer des armen Mannes.

律儀者の子沢山
Richigimono no kodakusan
Ehrliche und fleißige Männer haben viele Kinder.
Kinder sind die Reichtümer des armen Mannes.

律儀者の子沢山
Richigimono no kodakusan
Honest and hardworking men have many children.
Children are poor men’s riches.

Anmerkung
Die sprichwörtliche Redensart 「律儀者の子沢山」 [Richigimono no kodakusan] wird bisweilen auch 「律義者の子沢山」 geschrieben und steht auf der 9. von 48 Karten des traditionellen japanischen Iroha-Kartenspiels von Edo (Edo Iroha Karuta), heute Tokyo. Ein modernes Anwendungsbeispiel: 「課長の子供は五人兄弟だそうだ。律義者の子だくさんというやつだね」 Kachō no kodoma wa gonin kyōdai da sō da. Richigimono no kodakusan to iu yatsu da ne. Auf Deutsch etwa: „Es heißt, der Abteilungsleiter habe fünf Kinder. Ein ehrlicher und fleißiger Kerl mit vielen Kindern eben, wie er im Buche steht.“

Herakles Flügel verleihen

鬼に金棒
Oni ni kanabō
Einem Dämon noch eine Eisenstange geben.
Einem Tiger Flügel verleihen.
Herakles Flügel verleihen.

鬼に金棒
Oni ni kanabō
To give an iron club to a demon who has already supernatural powers.
Adding wings to a tiger.
Adding wings to Herakles.

Anmerkung
Die sprichwörtliche Redensart Oni ni kanabō 鬼に金棒 [Einem Dämon noch eine Eisenstange geben] steht auf der 27. von 48 Karten des traditionellen Iroha-Kartenspiels von Edo (Edo Iroha Karuta), heute Tokyo. Eine synonyme japanische Redensart lautet Tora ni tsubasa 虎に翼 [Einem Tiger Flügel verleihen]. Wenn man in China einen Starken stärkt, sagt man ebenfalls, das sei so, als ob man einem Tiger Flügel verliehe: 如虎添翼 rú hǔ tiān yì. Häufig wird diese Redensart in einem Kontext gebraucht, um zu betonen, dass dieser zusätzliche Vorteil aus der Sicht des Sprechers nicht wünschenswert sei. Der Ausspruch stammt aus dem legalistischen Werk „Meister Han Fei“ [ch. Hán Fēi zǐ 《韓非子》, jp. Kanpishi 『韓非子』] des chinesischen politischen Philosophen Han Fei (ca. 280 bis 233 v.u.Z.).

Geflügelte übernatürliche Wesen sind der griechischen Mythologie keineswegs fremd, aber der für seine Körperkraft und seinen Jähzorn bekannte Herakles (lat. Hercules) musste seine „zwölf Arbeiten“ ohne Flügel bewältigen; neben seiner militärischen und musischen Erziehung und Ausbildung soll er jahrelang mit einer eigenhändig aus einem Ölbaum geschnitzten Keule, einem Schwert von Hermes (lat. Mercurius) sowie Pfeil und Bogen von Apollon (lat. Apollo) unterwegs gewesen sein. Je nachdem, ob man die altgriechisch beseelte Variante oder die modern angehauchte Fassung bevorzugt, würde die europäische Abwandlung „Herakles Flügel verleihen“ auf Japanisch möglicherweise wie folgt lauten: Hērakurēsu ni tsubasa ヘーラクレースに翼 oder Herakuresu ni tsubasa ヘラクレスに翼.

Freude und Schmerz

楽あれば苦あり
Raku areba ku ari
Wo es Freude gibt, gibt es auch Schmerz.
Wer sich vergnügt, muß danach die Zeche zahlen.
Wer seine Zeit verschwendet, dem läuft sie später davon.

楽あれば苦あり
Raku areba ku ari
He that will have the pleasure must endure the pain.
There is no pleasure without pain.
A wasted time is a wasted life.

Anmerkung
Dieses Sprichwort steht auf der 22. von 48 Karten des traditionellen Iroha-Kartenspiels von Edo (Edo Iroha Karuta), heute Tokyo.

Alter schützt vor Torheit nicht.

年寄りの冷や水
Toshiyori no hiyamizu
Ein alter Mann taucht in kaltes Wasser ein.
Alte Männer sollten nicht kalt duschen und keine Kaltgetränke zu sich nehmen.
Alte Männer sollten sich besonnen und altersgerecht verhalten.
Alter schützt vor Torheit nicht.

年寄りの冷や水
Toshiyori no hiyamizu
An old man dips into cold water.
An old sack asketh much patching.
Why don’t you admit that you are too old for that sort of thing?
There is no fool like an old fool.

Anmerkung
Diese sprichwörtliche Redensart steht auf der 7. von 48 Karten des traditionellen Iroha-Kartenspiels von Edo (Edo Iroha Karuta), heute Tokyo. Sie stammt aus der Edo-Zeit (1603–1868) und ist belegt für einen älteren Mann, der sich den Magen an zu kühlem Quellwasser verdorben hatte, obwohl es als „ein bißchen kühl“ [„hiyakkoi, hiyakkoi“ 「ひやっこい、ひやっこい」] auf einem städtischen Markt zum Verkauf angepriesen wurde.

Im Laufe der Zeit wurde das Sprichwort gegenüber offensichtlich sich selbst überschätzenden älteren Menschen – vor allem Männern – benutzt. Mit Selbstironie ausgestattete ältere Männer, die ihr unpassendes und unangemessenes Verhalten selbst erkennen, quittieren ihr eigenes Fehlverhalten bisweilen humorvoll ebenfalls mit den Worten „Toshiyori no hiyamizu [da]“.

Kleine Kinder, kleine Sorgen

子は三界の首枷
Ko wa sangai no kubikase
Kinder sind lebenslange Halsfesseln.
Kleine Kinder: Kopfweh; große Kinder: Herzweh.
Kleine Kinder, kleine Sorgen, große Kinder, große Sorgen.

子は三界の首枷
Ko wa sangai no kubikase
Children are neck shackles at all times.
Children suck the mother when they are young and the father when they are old.
The bigger the children, the bigger the worries.

Anmerkung
Dieses Sprichwort steht auf der 33. von 48 Karten des traditionellen Iroha-Kartenspiels von Edo (Edo Iroha Karuta), heute Tokyo.

Zu spät

屁を放って尻窄める
He o hitte shiri tsubomeru
Den Anus nach einem Flatus zukneifen.
Den After zukneifen, nachdem ein Darmwind entwichen ist.
Es ist zu spät einen Anker zu werfen, wenn das Schiff einen Felsen gerammt hat.
Hilfe nach dem Kriege.
Der Arzt kommt zu spät, wenn der Kranke tot ist.

屁を放って尻窄める
He o hitte shiri tsubomeru
To try to close the anus after breaking the wind.
It is too late to cast an anchor when the ship is on the rocks.
Post bellum auxilium.
Aid after the war.
After death comes the physician.

Anmerkung
Dieses Sprichwort steht auf der 6. von 48 Karten des traditionellen japanischen Iroha-Kartenspiels von Edo (Edo Iroha Karuta), heute Tokyo. Ein modernes Anwendungsbeispiel: 「今頃になってどんな言い訳をしても、屁をひって尻窄めだよ」  Imagoro ni natte donna iiwake o shite mo, he o hitte shiri tsubome da yo. Wörtlich etwa: „Selbst wenn du dich jetzt entschuldigen würdest, wäre das wie das Zukneifen des Anus nach der rektalen Emission eines Flatus incarceratus.“ Mit anderen Worten: „Jetzt kommt jede Entschuldigung zu spät.“

Halbes Leid und doppelte Freude

旅は道連れ世は情け
Tabi wa michizure yo wa nasake
Auf Reisen wie im Leben sollte man einen Gefährten haben.
Geteiltes Leid ist halbes Leid.
Geteilte Freude ist doppelte Freude.

旅は道連れ世は情け
Tabi wa michizure yo wa nasake
No road is long with good company.
A sorrow shared is a sorrow halved.
A joy that’s shared is a joy made double.

Anmerkung
Dieses Sprichwort steht auf der 16. von 48 Karten des traditionellen Iroha-Kartenspiels von Edo (Edo Iroha Karuta), heute Tokyo.

Gute Medizin schmeckt bitter.

「良薬は口に苦し」
Ryōyaku wa kuchi ni nigashi
Was bitter dem Mund, ist dem Magen gesund.
Nützliche Kritik ist oft bitter.
Gute Medizin schmeckt bitter.

「良薬は口に苦し」
Ryōyaku wa kuchi ni nigashi
Good medicine tastes bitter.
Criticism is always a bitter pill to swallow.
Advice when most needed is last heeded.

Anmerkung
Diese sprichwörtliche Redensart geht auf den chinesischen Gelehrten Konfuzius (ca. 551 v.u.Z. bis ca. 479 v.u.Z.) zurück und stammt ursprünglich aus einer Sammlung von geflügelten Worten mit dem Titel Kǒngzǐ Jiāyǔ [Langzeichen 孔子家語, Kurzzeichen 孔子家语, jp. Kōshi Kego 孔子家語], die als Ergänzung zum Lún Yǔ [Langzeichen 論語, Kurzzeichen 论语, jp. Rongo 論語, dt „Gespräche des Konfuzius“, „Analekten des Konfuzius“ oder auch „Gesammelte Aussprüche des Konfuzius“] verfaßt wurde.

Unter den Geschmacksrichtungen der chinesischen Medizin gibt es neben bitter auch süß, salzig, sauer und beißend-gallebitter. Das Sprichwort wird häufig im übertragenen Sinn verwendet. In der modernen chinesischen Gegenwartssprache wird es nach wie vor benutzt [ch. liángyào kǔkǒu, Langzeichen 良藥​苦口, Kurzzeichen 良药​苦口] und gehört nicht nur zum Standardvokabular von Apothekern, sondern auch von Lehrern zahlreicher Sportarten, die der Theorie anhängen, dass zu (Höchst-) Leistungen nicht nur Schweiß, sondern unbedingt auch Schmerz und Tränen dazugehören müssen.

In Japan steht der Ausspruch auch auf der 17. von 48 Karten des traditionellen japanischen Iroha-Kartenspiels von Edo (Edo Iroha Karuta), heute Tokyo.

Unkraut vergeht nicht.

憎まれっ子世に憚る
Nikumarekko yo ni habakaru
Freche Burschen üben großen Einfluß in der Welt aus.
Die Lümmel breiten sich in der Welt aus.
Kakos anēr makrobios.
[Ein schlechter Mann lebt lang.]
Malum vas non frangitur.
[Ein schlechter Topf zerbricht nicht.]
Je verwegener ein Schelm ist, desto mehr lacht ihm das Glück.
Je ärger der Schalk, desto größer sein Glück.
Unkraut vergeht nicht.

憎まれっ子世に憚る
Nikumarekko yo ni habakaru
The more knave, the better luck.
Thieves and rogues have the best luck, if they but escape hanging.
Kakos anēr makrobios.
[A bad man lives long.]
Malum vas non frangitur.
[A worthless vessel is seldom broken.]
Bad weeds grow tall.
Weeds never die.
Ill weeds grow apace.

Anmerkung
Dieses Sprichwort steht auf der 4. von 48 Karten des Iroha-Kartenspiels für Edo (Edo Iroha Karuta), heute Tokyo.