Das Brunnendilemma

井の中の蛙大海を知らず
I no naka no kawazu taikai o shirazu [J]
Der Frosch im Brunnen kennt den Ozean nicht.
Der Frosch im Brunnen weiß nichts vom weiten Meer.
Eine engstirnige Sicht der Dinge haben.
Keinen Blick über den Tellerrand werfen.
Nicht weiter als bis zur eigenen Nasenspitze sehen.
Keinen Blick für das große Ganze haben.

井の中の蛙大海を知らず
I no naka no kawazu taikai o shirazu
The frog in the well knows nothing of the great ocean.
He/She that stays in the valley shall never get over the hill.
Being unable to see beyond the end of one’s nose.
To have a narrow worldview.
Think outside the box.
You have to see the big(ger) picture.

井底之蛙
jíng dǐ zhī wā [C]

정저지와
jeong jeo ji wa [K]

Anmerkung
Zum „Brunnendilemma“ in Ostasien detaillierter siehe Reinhard Zöllner in Geschichte der japanisch-koreanischen Beziehungen. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, 2017, S. 1–14 [München: Iudicium (ERGA Reihe zur Geschichte Asiens; Bd. 5)].

Wohin du auch gehst, geh mit deinem ganzen Herzen.

「どこへ行くにも、誠心誠意尽くしなさい」 (孔子)
Doko e iku ni mo, seishin seii tsukushi nasai
Wohin du auch gehst, geh mit deinem ganzen Herzen. (Konfuzius)

「何処に行っても、誰にでも、真心こめて接しなさい」
Doko ni itte mo, dare ni de mo, magokoro komete sesshinasai
Wherever you go, go with all your heart. (Confucius)

Hochmut kommt vor dem Fall. [1]

驕兵必敗
kyōhei hippai
Eine Niederlage ist unvermeidlich für ein zu selbstsicheres Heer.
Selbstgefällige Soldaten gehen unter.
Hochmut kommt vor dem Fall.

驕兵必敗
kyōhei hippai
Defeat is inevitable for an overconfident army.
An arrogant army is bound to lose.
Pride comes before a fall.

Anmerkung
Die chinesische Fassung des obigen Vier-Schriftzeichen-Kompositums legt einen etymologischen Zusammenhang nahe: 驕兵必敗 [骄兵必败] jiāo bīng bì bài.

Die alttestamentliche Version von „Hochmut kommt vor dem Fall.“ aus den Sprüchen Salomos (Kapitel 16, Vers 18) [dt. Wer zu Grunde gehen soll, der wird zuvor stolz; und Hochmut kommt vor dem Fall; lat. contritionem praecedit superbia et ante ruinam exaltatur spiritus] lautet in japanischer Übersetzung schlicht: おごりは没落の前に現れる。 [Ogori wa botsuraku no mae ni arawareru].

Eine allgemeine japanische Version ohne chinesischen und biblischen Bezug lautet: 驕れる者久しからず。 [Ogureru mono hisashikarazu].

Eine andere japanische Variante mit Bezug zur mittelalterlichen Geschichte Japans, als die Minamoto und die Taira (Heike) bis zur endgültigen Niederlage um die Vorherrschaft im Land kämpften (1185), lautet: 驕る平家は久しからず。 Ogoru Heike wa hisashikarazu. [Der hochmütige Taira-Clan ging bald unter. = Hochmut kommt vor dem Fall.]

Der Geschmack einer Birne

「梨の味を知りたければ、梨を変革して、
自分で食べてみなければならない」
Nashi no aji o shiritakereba, nashi o henkaku shite,
jibun de tabete minakereba naranai. [J]
„Willst du den Geschmack einer Birne kennenlernen, mußt du sie verändern, das heißt, in deinem Mund zerkauen.“ (Mao Zedong, Juli 1937)

“你要知道梨子的滋味,
你就得变革梨子,亲口吃一吃”
Nǐ yào zhīdào lízi de zīwèi,
nǐ jiù děi biàngé lízi, qīn kǒu chī yī chī. [C]
“If you want to know the taste of a pear, you must change it, that is, you must chew it in your mouth.”

Quelle: Mao Zedong, Über die Praxis. Über den Zusammenhang von Erkenntnis und Praxis, von Wissen und Handeln, Juli 1937. Chinesisch: Shíjiànlùn 《實踐論》. Japanisch: Jissenron 『実践論』.

Wer mich liebt, liebt auch meinen Hund.

愛屋及烏
aioku kyūu [J]
愛及屋烏
aikyū okuu [J]
屋烏之愛
okuu noai [J]
爱屋及乌
àiwū jíwū [C]
愛屋及烏
àiwū jíwū [C]
Liebe für jemanden schließt auch den Raben auf seinem Hausdach ein.
Wer jemanden liebt, liebt alles an ihm/ihr.
Wenn man jemanden richtig liebt, liebt man alles an ihm/ihr.
Love me, love my dog.
Qui m’aime, aime aussi mon chien.
Wer mich liebt, liebt auch meinen Hund.

Eine gute Ehefrau und weise Mutter

良妻賢母
ryōsai kenbo [J]
good wife, wise mother
gute Ehefrau, weise Mutter
vorbildliche Ehefrau, kluge Mutter

贤妻​良母 [賢妻​良母]
xiánqī liángmǔ [C]
wise wife, good mother
weise Ehefrau, gute Mutter

현모양처
hyeonmo yangcheo [K]
wise mother, good wife
weise Mutter, gute Ehefrau

Anmerkung
Das im Konfuzianismus gründende Ethos der Mädchenerziehung in Japan, China und Korea ist älter als die Moderne und hat sich über die Jahrhunderte bis in die Gegenwart erhalten, wurde jedoch immer wieder semantisch transformiert und rekonstruiert. Als Ethos und Bildungsideal der staatlichen Mädchenerziehung par excellence kann man den sittlichen und ideologischen Gehalt dieses Vier-Schriftzeichen-Kompositums für Japan nicht auf den Zeitraum von der Meiji-Ära (1868–1912) bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges begrenzen, wie die in den 1990er Jahren von einem renommierten japanischen Verlag veröffentlichten folgenden beiden Beispielsätze dokumentieren.

本校は創立以来、良妻賢母教育をその柱としております。
Honkō wa sōritsu irai, ryōsai kenbo kyōiku o sono hashira to shite orimasu.
Since the school’s foundation its ethos has been to educate young girls to become model wives and mothers.
Seit Gründung dieser Schule ist ein Hauptpfeiler die Erziehung zu einer guten Ehefrau und weisen Mutter.

良妻賢母の鑑のようだったお隣の奥さんが、年下の男の人と駆け落ちしたそうです。
Ryōsai kenbo no kagami no yō datta otonari no okusan ga, toshishita no otoko no hito to kakeochi shita sō desu.
Our neighbor’s wife seemed to be the perfect wife and mother, but now, I hear she’s run off with a younger man.
Die Ehefrau unseres Nachbarn schien ein Musterbeispiel für eine gute Ehefrau und kluge Mutter zu sein, aber wie ich höre, ist sie mit einem jüngeren Mann durchgebrannt.