So eine Arbeit wird eigentlich nie fertig

「このような作品にはもともと、けっして完成ということはないものだ。時間と事情とに応じてできるかぎりのことをやってしまえば、それは完成したものといわなくてはならない。」  (ヨハン・ヴォルフガング・フォン・ゲーテ、イタリア紀行:カゼルタにて、一七七八年三月十六日)
Kono yō na sakuhin ni wa motomoto, kesshite kansei to iu koto wa nai mono da. Jikan to jijō to ni ōjite dekiru kagiri no koto o yatte shimaeba, sore wa kansei shita mono to iwanakute wa naranai.
“Such a work is never finished: it must, however, pass for such, as soon as the author has done his utmost, considering time and circumstances.” (The Works of J. W. von Goethe‎, Vol. 12, Letters from Italy, Naples, Caserta, March 16, 1787)
„So eine Arbeit wird eigentlich nie fertig, man muß sie für fertig erklären, wenn man nach Zeit und Umständen das möglichste getan hat.“ (Goethes Italienische Reise, Neapel, Caserta, den 16. März 1787)

Glück im Unglück, Unglück im Glück

「人間万事塞翁が馬」
Ningen banji sai ō ga uma
Alles im menschlichen Leben ist wie die Geschichte vom Pferd des alten Mannes.
In allem Schlechten liegt das Gute im Ansatz schon verborgen.
Es hat alles sein Gutes.
Glück kann jederzeit in Unglück umschlagen und umgekehrt.
Glück und Unglück liegen nahe beieinander.
Glück im Unglück, Unglück im Glück.

「人間万事塞翁が馬」
Ningen banji sai ō ga uma
Everything in human life is like the story about the horse of the old man.
Misfortune begets fortune, and fortune begets misfortune.
A setback may turn out to be a blessing in disguise.
Every cloud has a silver lining.
A joyful evening may follow a sorrowful morning.
Joy and sorrow are today and tomorrow.

Anmerkung
Die obengenannte japanische Redewendung stammt ursprünglich aus China und ist eine sprichwörtliche Redensart [ch. chéngyǔ 成语 / 成語, jp. seigo], die auf einer alten Begebenheit [ch. gùshì 故事, jp. koji seigo 故事成語] beruht. Auf Japanisch kann Ningen banji sai ō ga uma「人間万事塞翁が馬」 auch Sai ō ga uma 「塞翁が馬」 abgekürzt werden. Und ningen 「人間」 kann auch jinkan gelesen werden. Chinesischen Grund- und Mittelschülern begegnet das obenstehende Gleichnis der untenstehenden Erzählung in etwa wie folgt: „War es nicht letztlich ein Glück, dass dem Alten an der Grenze sein Pferd davonlief?“ [「塞翁失马,焉知非福」 Sài wēng shī mǎ, yān zhī fēi fú]. Die Parabel kann daher auch frei „Glück im Unglück, Unglück im Glück“ übersetzt werden.

Kurze Zusammenfassung: Im alten China wohnte im nördlichen Grenzland in der Nähe einer Festung ein älterer Mann, der sich auf Zeichendeutung verstand. Sein Pferd entlief ihm eines Tages in das Gebiet der Xiongnu 匈奴 [ch. Xiōngnú, jp. Kyōdo], einem Volk von Reiternomaden. Die Leute hatten Mitleid mit ihm, aber er glaubte fest an eine positive Wendung: Das Glück wird mir bald wieder lachen. Und tatsächlich. Nach einiger Zeit kam sein Pferd zusammen mit einem anderen, viel edleren Pferd aus dem Gebiet der Xiongnu zurück. Die Leute beglückwünschten ihn wegen des rassigen Pferdes, und er dachte deshalb bei sich: Das wird nicht gut enden. Und so kam es auch. Als sein Sohn eines Tages auf dem neuen Pferd ritt, fiel er herunter und brach sich ein Bein. Als die Leute ihm einen Krankenbesuch abstatteten und ihn bedauerten, dachte der Greis bei sich: Das Unglück wird sicher bald wieder in Glück umschlagen. Und so kam es auch. Als die Xiongnu später im Grenzgebiet angriffen, wurde sein Sohn als Kranker nicht zum Kriegsdienst eingezogen, sondern davon befreit und wurde deshalb weder verletzt noch getötet, wie die meisten waffentauglichen Freiwilligen damals.

Als ursprüngliche Quelle der sprichwörtlichen Redensart aus dem Gleichnis gilt das chinesische philosophische Werk Huainanzi [ch. Huáinánzǐ 《淮南子》, jp. Enanji/Wainanji 『淮南子』] der Frühen Han-Dynastie (206 v.u.Z.–8 n.u.Z.). Ursprünglich wurde es als Honglie [ch. Hóngliè《鴻烈》] bezeichnet, ist aber auch bekannt unter den Werktiteln Huainan honglie [ch. Huáinán hóngliè 《淮南鴻烈》], Huainan neipian [ch. Huáinán nèipiān 《淮南內篇》], Huainan wangshu [ch. Huáinán wángshū 《淮南王書》] und Liuanzi [ch. Liúānzǐ 《劉安子》]. Der letztgenannte Liu An 劉安 (179–122 v.u.Z.) [ch. Liú Ān, jp. Ryū An] war der König von Huainan, heute eine Millionenstadt in der südöstlichen Binnenprovinz Anhui, und fungierte als gelehrter König zugleich als leitender Herausgeber des großenteils daoistischen Werkes, mit konfuzianischen und legalistischen Einschlägen.

Aller guten Dinge sind drei. [2]

三度目の正直
Sandome no shōjiki
Beim dritten Mal wahr und wahrhaftig.
Alles Dreifache ist vollkommen.
Omne trinum perfectum.
Aller guten Dinge sind drei.

三度目の正直
Sandome no shōjiki
Good things come in threes.
All good things go by threes.
Third time lucky.
The third time is the charm.

Die Lüge [6]

商人の嘘は神もお許し
Akindo no uso wa kami mo o-yurushi
Selbst der Allmächtige entschuldigt die Lügen eines Kaufmanns.
„Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt!“ (Johann Tetzel, ca. 1460–1519)

商人の嘘は神もお許し
Akindo no uso wa kami mo o-yurushi
Even the Almighty exculpates lies of a merchant.
“As soon as the coin in the coffer rings, the soul from purgatory springs.” (Johann Tetzel, ca. 1460–1519)

Lebe in der Gegenwart.

明日は明日の風が吹く
Ashita wa ashita no kaze ga fuku
Morgen weht der Wind von Morgen.
„Et kütt wie et kütt.“
[Artikel 2 des Rheinischen Grundgesetzes]
Sorge Dich nicht um morgen.
Es geht immer weiter.
Lebe in der Gegenwart.

明日は明日の風が吹く
Ashita wa ashita no kaze ga fuku
Tomorrow blows tomorrow’s wind.
Let the morn come and the meat with it.

Freude und Schmerz

楽あれば苦あり
Raku areba ku ari
Wo es Freude gibt, gibt es auch Schmerz.
Wer sich vergnügt, muß danach die Zeche zahlen.
Wer seine Zeit verschwendet, dem läuft sie später davon.

楽あれば苦あり
Raku areba ku ari
He that will have the pleasure must endure the pain.
There is no pleasure without pain.
A wasted time is a wasted life.

Anmerkung
Dieses Sprichwort steht auf der 22. von 48 Karten des traditionellen Iroha-Kartenspiels von Edo (Edo Iroha Karuta), heute Tokyo.

Häßliche Frauen sind leidenschaftlicher

悪女の深情け
Akujo no fukanasake
Ugly women are more passionate.
Häßliche Frauen sind leidenschaftlicher.

Anmerkung
Mit akujo 「悪女」 [1. Frau mit einem unguten Charakter. 2. Frau mit unschönen Gesichtszügen] sind in dieser sprichwörtlichen Redensart Trägerinnen eines von der Natur unterdurchschnittlich begünstigten Gesichts gemeint. Japanerinnen und Japaner können sie recht unterschiedlich benutzen. So willkommen die leidenschaftliche Liebe einer „häßlichen Frau“ für einen Mann auf der einen Seite sein mag, so eine „unwillkommene Gunst“ [arigata meiwaku 「ありがた迷惑」] sei ihre leidenschaftliche Eifersucht auf der anderen Seite. Als Beispielsatz wäre folgende Anwendung denkbar:
【用例】「私にはもったいない程、若くて美男子の彼を射止めることができたから、悪女の深情けにならないよう気をつけなければ」
Watashi ni wa mottainai hodo, wakakute bidanshi no kare o itomeru koto ga dekita kara, akujo no fukanasake ni naranai yō ki o tsukenakereba
„Wenn ich unverdientermaßen einen jungen, gutaussehenden Mann gewinnen sollte, muß ich aufpassen, nicht zu leidenschaftlich und zu eifersüchtig zu werden.“ [„(…), sonst verliere ich ihn rasch wieder.“ schwingt hier unausgesprochen mit.]

Der rechte Weg

「朝に道を聞かば、夕べに死すとも可なり」
Ashita ni michi o kikaba, yūbe ni shisu tomo ka nari
„Wenn ich am Morgen den rechten [Lebens-] Weg erführe, könnte ich am Abend ohne Bedauern und mit Frieden in der Seele sterben.“

「朝聞道,夕死可矣」
zhāo wén dào, xī sǐ kě yĭ
“If in the morning I were to gain knowledge of the correct path (in life), I would be able to die at sunset without regrets.”

Anmerkung
Das Original geht auf den chinesischen Gelehrten Konfuzius (ca. 551 v.u.Z. bis ca. 479 v.u.Z.) zurück und stammt aus dem „Lún Yǔ“ 論語 [Kurzzeichen 论语, jp. „Rongo“, deutsch „Gespräche des Konfuzius“, „Analekten des Konfuzius“ oder auch „Gesammelte Aussprüche des Konfuzius“].

Einigkeit macht stark

団結は力なり
Danketsu wa chikara nari
Eendracht maakt macht.
L’union fait la force.
Unity makes strength.
Einigkeit macht stark.

Anmerkung
Der belgische Wahlspruch ist ein in leichten Abwandlungen weltweit verbreitetes und beliebtes Motto des Beistandsgedankens beziehungsweise Solidaritätsprinzips „Aus Einigkeit Kraft“ [Ex Unitate Vires]. Die konstitutionelle Erbmonarchie Belgien proklamierte sich am 4. Oktober 1830 als unabhängig. Der Name des Landes geht auf die römische Provinz Gallia Belgica zurück.

Roß und Reiter nennen

歯に衣着せぬ
Ha ni kinu kisenu
Die Zähne kein Gewand tragen lassen.
Kein Blatt vor den Mund nehmen.
Roß und Reiter nennen.
Die Dinge beim Namen nennen.

歯に衣着せぬ
Ha ni kinu kisenu
Unclothed teeth.
Uncovered teeth.
Unhidden teeth.
To call a spade a spade.